Kennst du das Gefühl, dass deine Emotionen die Hosen anhaben? Bei klarem Verstand würdest du anders handeln. Doch, wenn Freude, Wut, Euphorie, Trauer oder Ekel in dir aufkeimen, gibst du das Zepter ab.
Keine Bange.
Damit bist du nicht alleine. Wir kennen etliche dieser Situationen.
Emotionen sind gut – sie bestärken dein Handeln und bewahren dich davor Dummheiten zu tun.
In einem speziellen Fall können sie jedoch sehr hässlich werden.
Die Kombination aus Geld und Tilt!
Tilt nennen Pokerspieler den Moment, in dem sie Entscheidungen nicht mehr aufgrund von Wissen und Wahrscheinlichkeiten treffen, sondern durch ihre Emotionen.
Das ist der Moment an dem es gefährlich wird. Alle Alarmglocken schreien. Und du die Finger von Entscheidungen lassen solltest.
Ansonsten brennst du dich schneller durch dein Konto als dein Verstand seine Hosen wieder anziehen kann.
Die beste Waffe gegen Tilt?
Eine glasklare Strategie und deine Verpflichtung dich an sie zu halten – no matter what!
Am Ende dieses Artikels kennst du unsere Levermann Strategie mit der wir unsere Emotionen schachmatt setzten! Und du erfährst, wie du deine eigene Aktienstrategie auf die Beine stellst.
Wie kamen wir zur Levermann Strategie?
Zu Beginn unserer Investitionskarriere verbrannten wir Geld.
Wieso?
Auch wir hatten unsere Emotionen nicht im Griff.
Eine passende Strategie musste her und dabei half uns eine spezielle Angewohnheit.
Jeden Abend vor dem Schlafengehen hören wir eine Podcastfolge.
Unsere Hörliste ist lang und wird wöchentlich länger.
Als Bewunderer des Finanzrocker Podcasts hörten wir auch dessen Folge zur Levermann Strategie.
Eine weitere Eigenschaft brachte die Investitionswende: Neugier.
Da ich sehr anfällig für Neues bin, habe ich mir zehn Stunden später das Buch von Frau Levermann selbst gekauft. Und verschlungen!
Wieso die Levermann Strategie?
Levermann bietet mit ihrer Strategie große Gestaltungsfreiräume und Anpassungsmöglichkeiten.
Diese existieren allerdings nur im Vorfeld.
Sobald die Strategie von uns festgelegt wurde, gab es klare Regeln, an die wir uns zu halten hatten.
Emotionsloses investieren – mit Levermann schien dies möglich.
Zuvor war es ein nervenaufreibendes Hin und Her. Die Aktien fallen, die Aktien steigen und ich wusste nicht, ob ich jetzt in das Unternehmen investieren oder aussteigen soll.
Viel zu viele Emotionen eben.
Wie funktioniert unsere Levermann Strategie?
Insgesamt besteht unser Vorgehen aus vier Teilen:
1. Interessante Aktien auswählen – Wo wenden wir Levermann an?
2. Quantitative Bewertung des Unternehmens – Der Kern der Levermann Strategie!
3. Qualitative Bewertung des Unternehmens
4. Verhalten nach dem Kauf einer Aktie
Schritt 1: Interessante Aktien auswählen – Wo wenden wir Levermann an?
Weltweit existieren vermutlich 35 000 Unternehmen, die ihre Anteile an der Börse anbieten.
Welche sind für dich interessant?
Du könntest dich auf bestimmte Regionen konzentrieren: Deutschland, Europa, USA, Asien, …
Auf die Stärke der Industrie: Industrieländer (Deutschland, USA) vs Schwellenländer (Indien, Brasilien)
Oder auf Branchen: Dienstleistung, Holzverarbeitung, Maschinenbau, …
Zurzeit betrachten wir deutsche Aktien aus dem DAX, TecDAX, MDAX, SDAX und indexlose Werte, sowie die 30 Unternehmen aus dem Dow Jones. Mittlerweile haben wir unsere Liste durch Global Players ergänzt. Alles zusammen etwa 600 Werte.
Angefangen hatten wir mit dem DAX und haben anschließend unser Einzugsgebiet stetig erweitert.
Mit mehr Wissen, nehmen wir Unternehmen aus unterschiedlichen Ländern hinzu.
Dein Einstieg hängt von deinem Wissen ab. Wo kennst du dich aus und möchtest starten?
Schritt 2: 10 Kennzahlen prüfen und beobachten – Der Kern der Levermann Strategie!
Emotionsfilter.
Das ist die Aufgabe dieses Schrittes. Und der Kern der Levermann Strategie.
Für jede Kennzahl gibt es Schwellenwerte, die Auswirkungen auf die Vergabe von Punkten haben.
Jede Kennzahl kann die Ausprägung -1, 0 oder +1 annehmen. Am Ende werden die Punkte addiert. Dieses Vorgehen basiert auf der Levermann-Strategie.
Hier sind die 13 Kennzahlen, die in der Levermann-Strategie verwendet werden und die wir übernommen haben:
Eigenkapitalrendite:
Sie gibt die Verzinsung des Eigenkapitals an. Zwischen zehn und 20 Prozent Eigenkapitalrendite erhält ein Unternehmen 0 Punkte. Darüber +1 und darunter -1 Punkt.
EBIT-Marge:
Ist das operative Ergebnis eines Unternehmens. Also das Verhältnis zwischen dem Gewinn vor Steuern und Zinsen und dem Umsatz des Unternehmens. Bei einer EBIT-Marge von sechs bis zwölf Prozent erhält das Unternehmen 0 Punkte. Darüber +1 und darunter -1 Punkt.
Eigenkapitalquote:
Zeigt, wie hoch der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapitals ist. Umso höher die Quote umso höher ist die finanzielle Stabilität eines Unternehmens. Zwischen 15 und 25 Prozent Eigenkapitalquote erhält das Unternehmen 0 Punkte. Darüber +1 und darunter -1 Punkt.
Cashflow je Aktie:
Der Cashflow je Aktie drückt die Finanzkraft eines Unternehmens aus. Das heißt, wie gut kann das Unternehmen in Zukunft Investitionen tätigen, Schulden abbauen oder Gewinne in Form von Dividenden ausschütten. Bei den Punkten haben wir uns am derzeitigen Durchschnitt deutscher Unternehmen orientiert. Bei weniger als 0 Euro je Aktie gibt es -1 Punkt. Bei mehr als 3 Euro je Aktie vergeben wir +1 Punkt. Dazwischen gibt es 0 Punkte.
Durchschnittliche KGV der letzten fünf Jahre:
Hier wird der aktuelle Kurs ins Verhältnis zu dem durchschnittlichen Gewinn der vergangenen zwei, dem laufenden und den kommen zwei Geschäftsjahren gesetzt. Bei einem durchschnittlichen 5-Jahres-KGV zwischen zwölf bis 16 Prozent erhält ein Unternehmen 0 Punkte. Darüber -1 und darunter + 1 Punkt.
Aktueller Kurs vs. Kurs vor sechs Monaten:
Liegen die Kurse zwischen +5 und -5 Prozent auseinander, gibt es 0 Punkte. Darüber +1 Punkt und darunter -1 Punkt.
Aktueller Kurs vs. Kurs vor zwölf Monaten:
Liegen die Kurse zwischen +5 und -5 Prozent auseinander, gibt es 0 Punkte. Darüber +1 Punkt und darunter -1 Punkt.
Liquide Mittel:
Liquide Mittel sind notwendig, um die laufenden Kosten bezahlen zu können. Liquide Mittel sind die Vermögenswerte eines Unternehmens, die sofort zur Zahlung zur Verfügung stehen. Auch hier haben wir uns am Durchschnitt orientiert. Weniger als 2 Euro je Aktie gibt -1 Punkt. Bei mehr als 6 Euro je Aktie vergeben wir 1 Punkt und dazwischen die 0 Punkte.
Dividendenrendite – Entwicklung der letzten 5 Jahre:
Ist die Entwicklung der Dividendenrendite in den letzten fünf Jahren im Schnitt höher als 1,5 % vergeben wir 1 Punkt. Bei weniger als 1 % gibt es -1 Punkt und dazwischen gibt es 0 Punkte.
Gewinnwachstum:
Hier vergleichst du den bisherigen Gewinn je Aktie mit dem vorhergesagten Gewinn je Aktie. Steigt der Gewinn um mehr als fünf Prozent an, vergibst du +1 Punkt. Bei weniger als -5 Prozend ziehst du -1 Punkt ab. Und dazwischen erhält das Unternehmen 0 Punkte.
Jetzt addierst du alle Punkte auf. Bei vier Punkten gehen wir zu Schritt 3 unserer Levermann Strategie über. Alles was darunter ist, interessiert uns vorerst nicht weiter.
Wir überprüfen die Punte einmal im Monat und weichen damit stark von der eigentlichen Strategie ab, die eine wöchentliche Überprüfung voraussetzt. Da wir insgesamgt daran interessiert sind, unsere Aktien möglichst lange zu halten, ist dies sinnvoller. Mit der monatlichen Überprüfung können wir uns entscheiden frisches Geld unserem Depot zukommen zu lasssen.
Schritt 3: Einzelaktien genauer anschauen – Wissensaufbau und Entscheidungsfindung
Verstanden?
Einen der tödlichsten Fehler, den wir in der Vergangenheit begangen haben: Keine Ahnung, was das Unternehmen macht und wie es Geld verdient.
Daher: Wir investieren in kein Unternehmen, das wir nicht verstehen!
Im letzten Schritt schauen wir uns den Geschäftsbericht des Unternehmens an. Und orientieren uns an folgenden Leitfragen:
- Verstehen wir das Geschäftsmodell des Unternehmens?
- Womit verdient das Unternehmen Geld?
- Wo entstehen Ausgaben für das Unternehmen?
- Welche Wettbewerbsvorteile hat das Unternehmen?
- Sind die Wettbewerbsvorteile nachhaltig?
- Baut das Unternehmen die Wettbewerbsvorteile weiter aus?
- Ist das Unternehmen im digitalen Bereich vertreten?
- Wie ist das Management und die Führungsebene aufgebaut? Sind dies langjährige Unternehmensmitarbeiter oder Noteinkäufe, um das Ruder herumzureißen?
Schritt 4: Verhalten nach Kauf der Aktie
Bisher haben wir es geschafft, annähernd emotionslos zu kaufen. Unsere Strategie gibt uns vor, wann wir was zu tun haben. – Vorausgesetzt, es ist genügend Geld vorhanden.
Doch was passiert nach dem Kauf?
Trump wird gewählt – Brexit wird beschlossen – die Banken verzocken sich.
Irgendwo passiert immer was und wenn nur der nächste Crash-Prophet vom Berge schreit.
Auch hier gilt es Ruhe zu bewahren und die Strategie für sich arbeiten zu lassen.
Welche Szenarien können eintreten und wie gehen wir damit um?
Preis der Aktie fällt
Gibt es Gründe für den Preissturz? Hat das Unternehmen einen klaren Wettbewerbsnachteil erfahren? Kann es das neue Problem lösen?
Bei unlösbaren Problemen und einer klar veränderten Situation zur Kaufentscheidung bleibt nur der Verkauf der Unternehmensanteile.
In allen anderen Fällen bleiben wir investiert und warten auf einen erneut guten Zeitpunkt nachzukaufen.
Preis bleibt unverändert
Stagnation ist unschön, veranlasst uns aber nicht direkt zur Handlung. Wir haben aus Überzeugung in ein Unternehmen investiert, wenn der Markt eine Pause braucht, bleiben wir geduldig. Erst eine (unlösbare) Verschlechterung der Eingangssituation würde zum Verkauf führen.
Ansonsten würden wir mit frischem Kapital aufstocken.
Preis steigt
“Gewinne laufen lassen“ heißt es so schön. Bei Unternehmen, bei denen es keinen Grund zur Annahme einer Kehrtwende gibt, bleiben im Depot.
Ansonsten arbeiten wir mit einem Trailing Stop Loss. Dieser wandert mit einem gewissen Abstand dem Aktienpreis hinterher. Den Abstand setzen wir außerhalb der einfachen Standardabweichung, die wir an der Volatilität des vergangenen Jahres bemessen.
Die Regeln unserer Levermann Strategie
- Schritte 1 bis 3 gelten für alle Investitionsentscheidungen in Aktien
- Für keine Aktien darf eine Änderung an der Strategie vorgenommen werden.
- Wenn eine Änderung vorgenommen wird, dann unabhängig von einer Investitionsentscheidung und im Sinne der Weiterentwicklung unserer Levermann Strategie.
- Wir entscheiden uns unabhängig wie viel Kapital individuell investiert werden soll.
- Nach der Kaufentscheidung ist der Preis der Aktie irrelevant.
- Stark fallende Kurse führen zur erneuter Evaluation des Unternehmens.
- Aufgrund von News (z. B. Brexit) die das Geschäftsmodell des Unternehmens nicht beeinträchtigen, kaufen wir nach (Siehe Regel 3).
- Aufgrund von veränderten Bedingungen, die Einfluss auf das Geschäftsmodell des Unternehmens haben (z. B. EEG auf RWE und E.On) verkaufen wir unsere Beteiligung.
- Einmal jährlich evaluieren wir unsere Investitionen erneut und handeln entsprechend der neuen Erkenntnisse.
Vorteile unserer Levermann Strategie
1. Du hast ein klares Regelwerk, ob und wann du Aktien käufst.
2. Du kannst deine Emotionen aus dem Spiel lassen.
3. Nach Automatisierung der Kennzahlen ist dein zeitlicher Aufwand gering (~ 1,5 Stunden pro Monat)
4. Du hast eine hohe Lernkurve: Beispielsweise bekommst du ein bessere Verständnis für die Geschäftsmodelle der Unternehmen und was die Kennzahlen im Einzelnen bedeuten.
5. Geringe Orderkosten, da du im Gegensatz zur reinen Levermann-Strategie, nicht ständig die Aktien austauschen musst.
Nachteile unserer Levermann Strategie
1. Hoher zeitlicher Aufwand bis zur Automatisierung.
2. Hoher Lernaufwand bis du die Kennzahlen verstanden hast und mit dem Lesen von Geschäftsberichten vertraut bist.
3. Dein Geld ist länger in einer Aktie gebunden als bei der reinen Levermann-Strategie. Das bedeutet, dass du auf manche „Kaufempfehlung“ der Kennzahlen verzichten musst, wenn du gerade kein weiteres Kapital zur Verfügung hast.
Fazit und Ausblick
Eine Strategie hat immer Vorteile gegenüber blindem Handeln. Ein klares Regelwerk kann zwar verlustorientiert arbeiten, dafür können Fehler erkannt und behoben werden. Dies ist beim „chaotischem“ Kaufen und Verkaufen nicht möglich.
Wir praktizieren diese Aktienstrategie seit Anfang 2016 und fahren damit sehr gut. Sowohl den Brexit als auch den schwächsten Börsenstart ins neue Jahr (in 2016) seit langer Zeit haben wir ohne große Kurseinbrüche überstanden. Nach dem Brexit-Votum ist unser Depot sogar angestiegen, da die Kurse unserer Aktien aus dem Dow Jones positiv reagiert haben.
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