Politisches Streit-Thema Nr. 1 des Sommers 2023: Die Kindergrundsicherung – Erklärung, Konsequenzen und Lösungen
Es ist bzw. war DAS Streitthema Nr. 1 in der Regierungskoalition. Die Grünen wollen sie unbedingt umsetzen und Bundesfamilienministerin Lisa Paus veranschlagt sehr viel Geld für die Kindergrundsicherung. Die FDP und Bundesfinanzminister Christian Lindner sind skeptisch und wollen nur einen Bruchteil der Summe einplanen. Was die SPD genau will, weiß niemand genau 😉
In dieser Folge erklären wir die Hintergründe, welche Familien davon profitieren, wie das Geld wirklich bei den Kindern ankommt und was das Ganze denn nun kosten wird.
Nach dieser Folge, kannst du mitreden und deine eigene Meinung zur Kindergrundsicherung bilden.
Wichtige Links
FAQ zum grünen Kindergrundsicherungs-Konzept
Studie der Bertelsmann Stiftung zum Thema Kinder- und Jugendarmut.
Artikel „Was macht Familien arm?“
Petition für die Kindergrundsicherung
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Kinder in Armut: Warum Deutschland eine Kindergrundsicherung braucht
In einem der reichsten Länder der Welt – in Deutschland – leben etwa drei Millionen Kinder in Armut oder sind unmittelbar davon bedroht. Hinzu kommen nochmals 1,5 Millionen junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren, die in ähnlichen Verhältnissen leben. Ein Zustand, den wir dringend ändern müssen.
Ein Hauptgrund für diese erschreckende Situation ist, dass viele der staatlichen Leistungen von den Betroffenen nicht abgerufen werden. Zum Beispiel Unterstützung für Bildung und Teilhabe, also die Gelegenheit und Fähigkeit, die Gesellschaft mitzugestalten, in der man lebt. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von Stigmatisierung von Leuten, die diese Angebote in Anspruch nehmen, übermäßigen bürokratischen Hürden auf dem Weg zur Unterstützung bis hin zu schlichter Unwissenheit. Die Leistungen sind oftmals so verschleiert und kompliziert benannt, dass viele Familien gar nicht wissen, dass sie existieren.
Besonders betroffen von dieser Situation sind Alleinerziehende und Familien mit mehr als zwei Kindern. In vielen dieser Familien liegt die Hauptlast der Betreuung bei den Frauen. Wenn diese sich um die Kinder kümmern, bleibt oft nur ein geringes Haushaltseinkommen (erwirtschaftet durch den Mann oder bei Alleinerziehenden zusätzlich noch irgendwie in Teilzeit durch die Frauen) übrig, und das kann die ganze Familie in eine Armutsspirale ziehen.
Hier setzt die Idee der Kindergrundsicherung an: Eine Reform, die sicherstellt, dass alle Kinder in Deutschland die gleichen Chancen auf ein gutes und gesundes Aufwachsen haben – unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern.
Wir müssen uns dringend fragen: Ist es nicht höchste Zeit für eine Kindergrundsicherung? Ein Konzept, das nicht nur die finanzielle Last für Eltern reduziert, sondern vor allem die Zukunftschancen unserer Kinder sichert.
In einer Gesellschaft, in der das Wohl der Kinder im Mittelpunkt stehen sollte, dürfen wir nicht länger zögern. Wir brauchen eine Kindergrundsicherung, die diesen Namen auch verdient.
Armut: Ein facettenreicher Begriff mit historischen Wurzeln
Wenn wir über Armut sprechen, müssen wir uns zuerst über unsere Definition klar werden. Es ist nicht ungewöhnlich, dass zwei Personen unterschiedliche Auffassungen von Armut haben. Tatsächlich gibt es verschiedene Maße für Armut, die von „gefühlter“ Armut bis zu konkreten prozentualen Anteilen am mittleren gesellschaftlichen Einkommen reichen (relativer Armutsbegriff). In Deutschland beispielsweise wird man als arm bezeichnet, wenn man weniger als 60% des mittleren Einkommens zur Verfügung hat.
Das mittlere Einkommen ist dabei nicht gleichzusetzen mit dem Durchschnittseinkommen. Es bezeichnet das Einkommen, bei dem genau die Hälfte der Bevölkerung mehr und die andere Hälfte weniger verdient. Wer also nur 40% dieses mittleren Einkommens erhält, gilt in Deutschland als arm.
Der Weg, wie wir Armut heute definieren und messen, ist eng verknüpft mit historischen Entwicklungen und Strukturen. Eine dieser Strukturen ist die historisch gewachsene Benachteiligung von Familien in Deutschland. Obwohl die Kosten für Renten, Krankenversicherung und Pflege gemeinschaftlich getragen werden, blieben die Kosten für die Erziehung der Kinder weiterhin privat, d.h. bei den Eltern.
Dieses System geht auf die 1950er Jahre zurück, als die Rentenreform die Kosten für Rentner, Kranke und Pflegebedürftige kollektivierte. Damals wurden Kinder als eine Art Altersvorsorge betrachtet. Sie waren diejenigen, die im Alter für ihre Eltern sorgten. Aber mit der Einführung der Reformen wurden die ökonomischen Konsequenzen von Kinderlosigkeit reduziert. Das bedeutete, dass es nicht mehr riskant war, kinderlos zu sein, da das Sozialsystem diese Lücke füllte.
Dieser Wechsel hatte tiefe Auswirkungen auf die Gesellschaft. Mit der Zeit führten kulturelle und wirtschaftliche Veränderungen, einschließlich der Einführung der Antibabypille, zu einem Rückgang der Geburtenrate. Vor der Reform lag die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau bei 2,53, aber bis 2007 war sie auf 1,33 gefallen. Dies zeigte die finanziellen und sozialen Belastungen, denen Familien in der modernen Gesellschaft ausgesetzt sind.
Trotz der Einführung des Elterngelds (seit 2007 ohne Erhöhung!) und anderer sozialer Maßnahmen bleibt die Geburtenrate in Deutschland niedrig. Die hohe Armutsrate unter Kindern in Deutschland – mehr als jedes fünfte Kind lebt in Armut – zeigt deutlich die strukturellen Herausforderungen, denen sich Familien heute gegenübersehen.
Juristische Entscheidungen wie die des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2001 haben versucht, Ungerechtigkeiten im System zu korrigieren. Dieses Urteil besagte, dass es unrechtmäßig sei, Eltern und Kinderlose in der Pflegeversicherung gleich zu behandeln, da Erstere mehr finanzielle Belastungen tragen. Daher zahlen Kinderlose inzwischen einen höheren Beitrag zur Pflegeversicherung als Menschen mit Kindern. Aber selbst diese Veränderungen reichen nicht aus, um die tief verwurzelten Probleme zu lösen, mit denen Familien heute konfrontiert sind.
Insgesamt ist die Debatte über Armut nicht nur eine Frage der Definition oder Statistik. Es ist ein Spiegelbild unserer gesellschaftlichen Werte, Prioritäten und der historischen Entwicklungen, die uns geprägt haben. Die Frage, die bleibt, ist, wie wir als Gesellschaft handeln werden, um diese Herausforderungen anzugehen.
Die Verborgenen Hürden: Kinder und Armut im Alltag
Wie wirkt sich Armut aus, speziell auf Kinder? Schließlich gibt es staatlich bereitgestellte Schulbildung. Also was ist das Problem? Einige Beispiele für Auswirkungen für Kinder aus armen Familien veranschaulichen das:
Lernraum, der fehlt: Stell dir vor, du hast keinen Raum, der ruhig und still ist, wo du dich konzentrieren kannst. Das ist für 13% der Kinder aus von Armut betroffenen Familien der Fall, im Gegensatz zu nur 0,7% bei den anderen Familien.
Digital abgehängt: Erschreckend ist auch die digitale Kluft. Etwa 24% der von Armut betroffenen Familien haben gar keinen oder nur einen sehr begrenzten Internetzugang. Bei den anderen liegt diese Zahl bei nur 2,2%.
Weniger Mobilität, weniger Austausch: 50% der betroffenen Familien besitzen kein Auto. Keine spontanen Ausflüge zu Freundinnen und Freunden, keine Teilnahme an bestimmten Events, weil der Weg dorthin einfach nicht machbar ist.
Gesundheit – Ein Luxus? Wenn das Kind krank ist, müssen viele Familien tief in die Tasche greifen. Familien, die nicht von Armut betroffen sind, können um den Faktor 10 mehr Geld für Medikamente ausgeben. Es geht hier um notwendige Medikamente, nicht um Nahrungsergänzungsmittel.
Die abgesagte Urlaubswoche: Schockierend – 68% dieser Kinder haben nicht die Möglichkeit, auch nur eine Woche im Jahr Urlaub zu machen. Das sind 2 Millionen Kinder, die im Jahr nicht einmal für eine Woche in die Ferien fahren können. Das wirkt sich auch auf kulturelle Bildung aus, Begegnung mit Fremdem etc.
Taschengeld? Fehlanzeige! 20% der Kinder in diesen Familien erhalten weniger oder kein Taschengeld, während das bei den anderen Familien nur bei 1% der Fall ist. Wie sollen diese Kinder den Umgang mit Geld lernen?
Freundschaften und soziale Hürden: Es werden seltener Freund*innen eingeladen, weil der nötige Raum fehlt. Geburtstagseinladungen werden abgesagt, weil kein Geld für ein Geschenk vorhanden ist.
Ein kleiner Denkanstoß: Wenn du eine Party feierst, schreibe auf die Einladung, dass Geschenke nicht notwendig oder erwünscht sind. Es geht darum, zusammenzukommen und zu feiern, nicht um das perfekte Geschenk.
Bürokratische Hürden, die wehtun: Ja, es gibt Zuschüsse, etwa für Klassenfahrten, aber das Beantragen kann unangenehm und stigmatisierend sein. Es ist wichtig, dass Schulen und Trainer*innen hier aktiv werden und Informationen bereitstellen.
Klingt hart, das alles so zu lesen? Das ist die Realität für viel zu viele Kinder in unserem Land. Und genau deshalb ist es wichtig, dass wir als Gesellschaft Veränderung anstoßen.
Für eine bessere Zukunft: Kindergrundsicherung und Familienunterstützung
Nun ist die Frage: Was kann für diese Familien und Kinder getan werden? Was wird bereits getan?
Eine Möglichkeit, ist eine direkte finanzielle Unterstützung. Dies geschieht bereits heute mit dem Kindergeld (welches jede Familie erhält) sowie dem Kinderzuschlag (den bedürftige Familien beantragen können – wenn sie davon wissen und berechtigt sind). Aber natürlich gibt es auch andere Ideen. In der Pflegeversicherung ist die Unterstützung von Familien bereits verankert. Aber das kostet natürlich auch Geld.
Wir denken: Es muss nicht immer eine Geldzahlung sein. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Rahmenbedingungen für Familien allgemein zu verbessern. Davon würden auch Kinder aus ärmeren Familien profitieren. Zum Beispiel Zugang zu Kita-Betreuung. Wenn wirklich alle Kinder einen Kita-Platz bekämen, hätten sie bessere Startvoraussetzungen. Momentan gibt es zu wenige Kitaplätze, was dazu führt, dass Eltern, die nicht (Vollzeit) arbeiten, oft keine Chance auf einen Kitaplatz für ihr Kind haben.
Diese mangelnde Betreuungsinfrastruktur führt zu einem Teufelskreis: Man bekommt keinen Arbeitsplatz, weil man keinen Kita-Platz hat und umgekehrt. Wir haben von mehr als einer alleinerziehenden Mutter gehört, die mehrere Jobangebote ablehnen musste, weil sie keinen Betreuungsplatz für ihr Kind fand. In Zeiten des Fachkräftemangels ist dies nicht nur für die Familien selbst ein untragbares Szenario.
Daher ist es wichtig, dass der Staat mehr in die Kita-Betreuung investiert. Der Rechtsanspruch auf Kita-Betreuung darf nicht nur auf dem Papier stehen, er muss auch umsetzbar sein. Damit wäre vielen Familien, und insbesondere den Kindern aus ärmeren Verhältnissen, geholfen. Sie würden in einem Umfeld aufwachsen, in dem sie Dinge lernen, am gesellschaftlichen Leben angemessen teilhaben und gesundes Essen erhalten könnten. Das würde die Familien entlasten und ihnen mehr Zeit geben, einem geregelten Berufsleben nachzugehen (oder die Voraussetzungen dafür zu schaffen).
Damit sind wir bei einem weiteren Punkt – der Inklusion in die Arbeitswelt. Wir reden hier von moderner Familienfreundlichkeit im Job. Das könnte auf verschiedene Arten realisiert werden – Homeoffice statt Präsenzpflicht, flexiblere Arbeitszeiten, die die Kita-Zeiten berücksichtigen, und eine Kultur, in der Kinderkrankheitstage nicht zu einer Stigmatisierung bzw. Nachteilen im Job führen.
Zudem sind wir der Meinung, dass Teilzeitausbildungen mehr gefördert werden sollten. Das würde es insbesondere jungen Eltern ermöglichen, aus der Armutsfalle zu entkommen. Wichtig ist dabei natürlich, dass das Einkommen während der Ausbildung angemessen ist und nicht vollständig auf Sozialleistungen angerechnet wird.
Zusammengefasst: Es ist Zeit, tradierte Rollenbilder abzuschaffen und neue Wege zu gehen. Es ist Zeit für eine Gesellschaft, die allen Kindern – unabhängig von ihrer Herkunft – gleiche Chancen ermöglicht. Es geht um die Zukunft unserer Kinder und damit um die Zukunft von uns allen.
Ein Neuanfang für Familien: Die Vision einer Kindergrundsicherung
Wir stecken mitten in einer wichtigen politischen Debatte: Wie können wir die Zukunft für unsere Kinder besser gestalten? Wir tauchen ein in das Thema der Kindergrundsicherung – was steckt hinter der Idee?
Anstatt der Vielzahl an bisherigen Zahlungen – Kindergeld, Kinderzuschlag, Bildungs- und Teilhabepaket – plädiert die Kindergrundsicherung für eine zentrale Zahlung. Stell dir vor, du müsstest nur einen Antrag stellen und nicht in einem Dschungel von Formularen versinken. Stell dir vor, anstatt Gesetze nach möglichen Zahlungen zu durchforsten wirst du auf Basis deiner Steuererklärung automatisch kontaktiert, wenn du das Recht auf eine Unterstützungszahlung für dein Kind hast?
Genau hier setzt die Vision der Kindergrundsicherung an. Sie besteht aus einem Garantiebetrag, der für alle Kinder vorgesehen ist. Er ist vergleichbar mit dem bisherigen Kindergeld. Dieser Betrag, aktuell diskutiert wird eine Aufstockung auf 290€, kann einkommens- und altersabhängig gestaffelt gezahlt werden. So könnte für ein Kind bis 5 Jahre zusätzlich 119€, bis 13 Jahre 188€ und bis 17 Jahre 257€ dazukommen. Letzteres würde dann den bisherigen Kinderzuschlag ersetzen.
Neben dem Garantiebetrag wird ein „Garantie Plus“ Betrag diskutiert. Dieser wird automatisch anhand der Steuerdaten der Eltern ermittelt. Der Staat meldet sich dann proaktiv bei den Familien: „Hallo, euer Einkommen liegt unter einem bestimmten Betrag, bitte kreuzt hier an, dann unterstützen wir euch entsprechend.“ Keine stigmatisierenden Gänge zu Ämtern, keine Unwissenheit mehr, weil du nicht irgendwo hingehen und irgendwelche Formulare ausfüllen musst.
Ein solches Vorgehen wird für den Bundeshaushalt allerdings sowohl in der Umsetzung als auch der reinen Leistung teuer werden. Bisher ist es für den Staat ein Glücksfall, dass viele Familien ihre Ansprüche gar nicht kennen und somit keine Leistungen beantragen. Langfristig werden vermutlich höhere Kosten entstehen – und hier stoßen wir auf eine der zentralen Herausforderungen dieses Konzepts.
Denn ja, die Kindergrundsicherung soll bis zum 25. Lebensjahr gezahlt werden, ähnlich wie das Kindergeld heute. Aber für die Altersgruppe der 18 bis 25-Jährigen wäre nur noch ein Grundbetrag von 42€ vorgesehen. Hier stellen wir die Frage: Ist das ausreichend, gerade wenn junge Menschen in dieser Lebensphase mehr finanzielle Unterstützung benötigen könnten (bspw. für die Finanzierung eines Studiums)?
Und dann ist da noch die bürokratische Seite der Medaille. Wie kann diese Reform tatsächlich effizient und bürokratiearm umgesetzt werden? Wie verhindern wir, dass Familien durch das Raster fallen, wenn sie keine Steuererklärung abgeben?
Trotz der offenen Fragen und der Herausforderungen bei der Umsetzung sind wir uns einig: Wenn es gelingt, diese Kindergrundsicherung so einfach und zugänglich wie das heutige Kindergeld zu organisieren, wäre das eine enorme Erleichterung für Familien. Es wäre ein wichtiger Schritt, um allen Kindern – unabhängig von ihrer Herkunft – gleiche Chancen zu ermöglichen. Es ist ein Neuanfang, den wir dringend brauchen.
Wird das Geld von den Eltern nur verprasst?
Eine gängige Befürchtung in der Diskussion ist, dass Eltern das zusätzliche Geld für Zigaretten, Alkohol und anderen persönlichen Konsum ausgeben könnten anstatt es für ihr Kind einzusetzen. Aber ist das wirklich so? Diese Annahme ist laut Studien, unter anderem von der Bertelsmann Stiftung, weitgehend ein Vorurteil. Die Realität zeigt ein anderes Bild. Eltern tendieren dazu, bei sich selbst zu kürzen und zurückzustecken, um das Wohl ihrer Kinder zu sichern.
Andererseits gibt es aktuell schon erhebliche Effizienzverluste. Durch die Feingliederung der Förderungen und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand gehen laut Schätzungen 20 % bis 30 % des ausgeschütteten Geldes „verloren“, bzw. muss für Verwaltungstätigkeit aufgewendet werden. Ist das Geld dann wirklich für die Kinder?
Dies ist eine gesellschaftliche Debatte, die mit einem klaren Ziel vor Augen fortgesetzt werden muss: dem Wohl unserer Kinder. Denn letztlich sind sie unsere Zukunft. Und diese Zukunft sollte nicht durch Vorurteile und ineffiziente Verwaltungsprozesse getrübt werden.
Der Preis der Kindergrundsicherung: Woher soll das Geld kommen?
Die große Diskussion in den letzten Monaten gingen um die finanziellen Dimensionen einer Kindergrundsicherung. Gestritten wird darüber wie viel Geld das Vorhaben denn kosten wird: einmal über 12 Milliarden, die Forderungen der Grünen, 2 Milliarden, was die FDP einplanen will. Expertengruppen sagen 25 Milliarden sind notwendig. Und diese Zahlen gelten zusätzlich zu den 7 Milliarden, die sowieso schon für all diese Themen im Haushalt vorgesehen sind.
„Woher soll das Geld kommen?“, fragen wir uns. „Wir haben doch nichts.“ Ein großer Kritikpunkt an der Politik ist die fehlende Transparenz. Es wird leider nicht transparent kommuniziert, wie sich diese Milliarden zusammensetzen. Stattdessen werden einfach irgendwelche Zahlen rausgehauen – das finden wir sehr schade. Also haben wir selbst mal nachgerechnet:
Im Moment werden 7 Milliarden für Kinder ausgegeben. Was würde passieren, wenn alle Kinder, und hier reden wir nur von den von Armut Betroffenen, den Höchstsatz bekommen? Dann landen wir bei 22 Milliarden abzüglich der 7 Milliarden, also 15 Milliarden. Das sind immense Summen (auch wenn davon auszugehen ist, dass nicht alle den Höchstsatz bekommen würden…), die hier im Raum stehen, und der Mangel an Transparenz bei diesen Zahlen ist frustrierend.
Aber wo soll dieses Geld herkommen? Wir haben da einige Ideen:
1. Das Ehegattensplitting
Zum Beispiel könnte eine Reformierung des Ehegattensplittings viele Milliarden freisetzen, laut diversen Kalkulationen sogar bis zu 20 Milliarden, wenn es komplett abgeschafft würde. Und nein, eine Reform bedeutet nicht zwingend die Abschaffung, sondern eine Umgestaltung, etwa hin zu einem Familiensplitting.
2. Das Elterngeld
Ein anderer Ansatzpunkt wäre die Reform des Elterngeldes. Wie kann man dieses gleichberechtigter gestalten und mehr Mütter früher zurück in die Erwerbstätigkeit bringen? Natürlich: Indem es auch für die Väter mehr Anreize gibt, zuhause zu bleiben und Carearbeit zu übernehmen. Das würde zwar erstmal Geld kosten, aber durch steigende Erwerbstätigkeit käme mehr Einkommenssteuer in die Staatskasse. Das ist ein wichtiger Punkt: Erwerbstätigkeit, das Zauberwort, das auch in Bezug auf Ausbau der Betreuung immer wieder fällt.
3. Die Kinderlosen und Unternehmen
Und dann die brisante Idee, Kinderlose stärker zur Kasse zu bitten. Hierfür würde der Weg, der bei der Pflegeversicherung bereits gegangen wird auf andere Bereiche übertragen werden. Für ungewollt Kinderlose sicherlich eine doppelte (emotionale) Belastung – für die Gesamtgesellschaft aber ein Gedanke über den gesprochen werden sollte.
Oder wie wäre es, wenn große Unternehmen einen Beitrag leisten müssten? Eine Pauschalgebühr, um Kinderbetreuung zu ermöglichen und Elterngeld zu finanzieren. Die Unternehmen profitieren schließlich maßgeblich, wenn die Leute mehr und früher in der Familienphase arbeiten können.
Und hier kommen wir zu einem Punkt, der in Zeiten von Fachkräftemangel wichtig ist: Unternehmen möchten, dass möglichst viele Menschen arbeiten kommen. Also warum nicht das gesamte Betreuungssystem ein wenig umkrempeln und Anreize für Unternehmen schaffen, Betreuungsmöglichkeiten für ihre Beschäftigten zu bieten?
Es sind große Fragen, es sind wichtige Fragen. Die gesellschaftliche und politische Diskussion rund um die Kindergrundsicherung ist in vollem Gange. Ende August hat sich das Bundeskabinett geeinigt ab 2025 2,4 Milliarden zusätzlich für die Kindergrundsicherung bereitzustellen. Das Ziel ist den Grundbetrag einzuführen und Leistungen leichter zugänglich zu machen (Stichwort: Von der Hol- zur Bringschuld). Auch wenn dieser Kompromiss vermutlich die Kinderarmut nicht lösen wird, so ist es ein erster Schritt. Doch aus unserer Sicht, darf es nicht der letzte sein. Denn am Ende des Tages geht es nicht nur um Zahlen, sondern um die Zukunft unserer Kinder.
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