Ist Geiz geil? – Sparsamkeit in der Beziehung

Sparbrötchen, Sparbuch, Sparschwein, Sparsocke, Spardose, Bausparen, Zwangssparen, …

Deutschland und das Sparen gehen Hand in Hand – so wie Holland und Käse oder Schweiz und Banken.

Laut Statista zählen zu den beliebtesten Finanzprodukte der Deutschen:

Sparbuch (Platz 2) – 69 %

Bausparvertrag (Platz 3) – 47 %

Sparvertrag (Platz 5) – 31 %

Riester-Sparplan (Platz 7)  – 25 %

Riester-Fonds-Sparplan (Platz 8) – 21 %

Sparbrief (Platz 14) – 8 %

 

Insgesamt gibt es 16 Produkte in dieser Liste wovon 6 das Wort „Sparen“ beinhalten.

Sparen ist äußerst beliebt. Erklärt sich von alleine, dass in einer Beziehung „Sparsamkeit“ eine attraktive Eigenschaft darstellt, oder?

Sparsamkeit in der Beziehung – Segen oder Fluch?

Um aus unserer Blase hinauszuschauen, habe ich „Sparsamkeit Beziehung“ bei Google eingegeben. Meine Erwartung ein kunterbuntes Angebot aus Spartipps, zu viel Sparsamkeit und enthaltsamen Leben.

Die Realität sieht etwas anders aus, dazu aber gleich mehr.

Sparsamkeit ermöglicht das Öffnen einiger verschlossener Türen. Wenn Du regelmäßig Geld zur Seite legst, kannst Du für Deine Ziele sparen: Reisen, Konsumgegenstände, Fortbildung oder die Altersvorsorge. Erst vor kurzem haben wir einen Artikel zum Vermögensaufbau verfasst – 12 Schritte wie es mit dem Sparen und dem Vermögen funktionieren kann.

Sparsamkeit kann auch zu Spannungen führen. Als Paar zu reisen, während die Vermögensstände unterschiedlich sind oder die Ansprüche auseinander gehen, kann zu kleineren und größeren Meinungsverschiedenheiten führen.

Extreme Sparsamkeit kann die Beziehung auch stark auf die Probe stellen. Wenn einer von beiden stets das Gefühl hat zurückstecken zu müssen und sich einzuschränken, wird es auf Dauer wohl kaum gut gehen.

Das Spektrum reicht von positiv (Traumerfüllung) bis negativ (Zerstörung der Beziehung). Google’s Seite 1 sieht Sparsamkeit sehr negativ. Doch muss es das sein?

Sparsamkeit als treibende und schützende Kraft

Innerhalb der Beziehung kann Sparsamkeit gewinnbringend eingesetzt werden. Für mich sind die beiden folgenden Aspekte die Basis:

 

1. Durch Sparsamkeit die gemeinsamen Ziele erreichen

Wir haben uns klar Ziele gesetzt, die wir zusammen erreichen möchten. Dazu zählt unser Unternehmen, das Reisen, eine Familie und früh in Rente zu gehen.

Für alle Bereiche ist Kapital notwendig – teils in kleineren teils in größeren Mengen. Letzteres setzt voraus, dass wir sparen oder über Nacht sehr vermögend werden. Dieses über Nacht ist allerdings ein Mythos. Davor kommt harte Arbeit, die sich über Jahre hinstrecken kann.

Ein längerer Weg die eigenen (finanziellen) Ziele zu erreichen, ist das Sparen. Jeden Monat einen bestimmten Betrag oder einen festgelegten Prozentsatz für ein definiertes Ziel zur Seite legen.

Wenn der Betrag erreicht ist, der beispielsweise für den Urlaub in Madagaskar notwendig ist, kann gebucht werden.

2. Durch Sparsamkeit auf Unvorhersehbares vorbereitet sein

Seit wir verheiratet sind führen wir ein gemeinsames Rücklagenkonto. Auf dieses zahlen wir momentan 10 % unserer monatlichen Einnahmen ein, um auf 5.000 bis 10.000 Euro zu kommen. Danach werden wir den Prozentsatz senken und erst bei Entnahme und Bedarf wieder erhöhen.

Diese 10 Prozent stehen uns nicht zum monatlichen Verbrauch zur Verfügung. Sie sind weg und werden erst bei (ungeplanten) Anschaffungen oder Kosten eingesetzt.

Uns zu zwingen diese Sparquote einzuhalten, sorgt für Sicherheit. Wir können Unvorgesehenem entspannter entgegen Blicken. Ohne unsere Sparsamkeit wäre es nicht möglich.

Ein Unfall, eine Nachzahlung oder ein kaputter Backofen würde uns sonst leicht ins Schwitzen bringen.

Sparsamkeit und die kleinen Spannungen

 

Wir haben es schon in einigen Artikel erwähnt – manchmal kommen die unterschiedlichen Vermögensstände und das Sparverhalten nicht miteinander aus.

Unsere erste Reise als Paar ist das Paradebeispiel.

Zu Beginn unserer Beziehung lebte ich von Monat zu Monat und legte nichts auf die Seite. Marielle hatte hingegen schon viel gespart und ein kleines Vermögen aufgebaut. Größere Ausgaben können zu Spannungen führen und mit nur 700 Euro Restvermögen ist das nur allzu verständlich.

In solchen Momenten hilft nur eins: Hinsetzen und drüber reden. Denn das Motto „über Geld spricht man nicht“  führt sonst direkt zu den ernsthaften Problemen.

Auch das Unverständnis für die Notwendigkeit mancher Anschaffungen kann zu kleineren Blitzen führen:

„Warum braucht sie schon wieder das neuste Handy?“, „Wie viele Sneaker will er denn noch kaufen?“ und „Was sollen wir mit den ganzen Taschen anfangen?“

Sparsamkeit als ernsthaftes Problem

 

Was passiert, wenn Sparsamkeit in Geiz umschlägt und sinnvolle Ausgaben nicht mehr getätigt werden?

Sinnvoll ist mit Absicht schwammig und weit gefasst. Zum Essen einladen, Blumen mit nach Hause bringen oder ein teures Hotel buchen, können unter Umständen sinnvolle Ausgaben sein, da sie auf der emotionalen Ebene mehr zusammenführen. Sie können allerdings auch unpassend sein, wenn Verbindlichkeiten mit höherer Priorität beglichen werden müssen.

Ständiges Schnorren, sich verweigern Kosten zu übernehmen oder krampfhaft geiziges Verhalten vermittelt eben auch ein negatives Gefühl:

„Ich bin es Dir nicht wert, dass Du mich einlädst.“, „Wieso gönnen wir uns nicht mal einen schönen Abend als Paar?“ oder „Immer bist Du nur am nehmen und ich am geben.“

An dieser Stelle Bedarf es externer Hilfe. Eine Möglichkeit sind Paartherapeuthen, die die Hintergründe des Verhaltens verständlich machen und Werkzeuge mit dem Paar erarbeiten können.

Zusätzlich können Kontensysteme oder eine gemeinsame Sparstrategie Entlastung bringen.

Wann Sparsamkeit sich auf keinen Fall lohnt

In bestimmten Szenarien ist es sinnvoller das Geld auszugeben, anstelle es anzusparen. Dabei meine ich keine Fixkosten wie Miete oder Essen und auch nicht das Geld, das für einen schönen Abend oder das eine oder andere Konsumgut ausgegeben wird.

Vermögen investieren vs. Geld sparen

Ab einem bestimmten Betrag auf der hohen Kante kann ein Wohlfühl-Zeitraum auch in der Arbeitslosigkeit überbrückt werden und mögliche Neuanschaffungen wären gedeckt. Zusätzliches Geld würde zwecklos im Sparstrumpf versauern.

Es wird sinnvoller das Kapital für sich arbeiten zu lassen und dadurch schneller ein Vermögen aufzubauen. Zu Beginn mag das Verhältnis noch umgekehrt sein, da Investitionen durchaus mit einem gewissen Ausfallrisiko verbunden sind.

Geld sparen vs. Zeit sparen

Kleinere Aufgaben können selbst erledigt werden. Allerdings sind es meist diese Aufgaben, die die eigene Zeit auffressen. Sei es das Putzen der Wohnung oder das Abtippen eines Interviews.

In der gleichen Zeit könntest Du vermutlich Tätigkeiten nachgehen, die Dich im Leben viel weiter nach vorne bringen. Es sei denn Du musst Zeit totschlagen, in der du nichts gewinnbringenderes erledigen könntest.

Es lohnt sich diese Aufgaben zu outsourcen und damit neue Kapazitäten frei zu räumen.

Erfahrung sammeln vs. Geld sparen

Manche Erfahrungen können wir nur einmal erleben oder wir sind nur sehr selten in der Lage sie zu sammeln. Ein Beispiel war unser Kenia-Urlaub, aber auch unsere Australien-/Neuseelandreise fällt in diese Kategorie.

Wir haben die Möglichkeit eine Vielzahl an Erfahrung zu bekommen, die wir mit dem Geld auf unserem Konto nicht erreichen könnten. Wann kommen wir schonmal auf die andere Seite der Welt? Und können die Menschen und deren Kultur kennenlernen?

Fortbildungen sind ein anderes Beispiel. Im Vorfeld weißt Du nicht, ob es Dir wirklich etwas bringen wird. Dein angespartes Geld wird im Schnitt mehr Wert bekommen, wenn Du es in Dich selbst investierst. Klar gibt es auch hier Einsparmöglichkeiten: Bücher aus der Bibliothek auszuleihen, sie gebraucht zu kaufen oder gemeinsam zu Seminaren zu fahren, um Reisekosten einzusparen.

Fazit

 

Sparsamkeit ist zunächst etwas Positives. Mit Eurem Ersparten könnt Ihr Euch absichern, Euch Eure Ziele und Wünsche erfüllen und gemeinsam in die Zukunft blicken. Allerdings kann es auch zu Spannungen oder ausgewachsenen Streiterein kommen.

Es liegt an Euch einen Weg zu finden, mit dem sich beide Wohl und fair behandelt fühlen.

Um die Frage aus dem Titel „Ist Geiz geil?“ abschließend aufzugreifen: In der richtigen Dosierung führt Sparsamkeit / Geiz zu mehr Sicherheit und dem Erreichen von Zielen. Zu viel des Guten lässt die Lust vom Sparen und Vermögen aufbauen schnell verpuffen.

Was meinst Du, wie viel Sparsamkeit der Beziehung gut tut?

Beste Grüße

Mike

3 Kommentare
  1. Ex-Studentin sagte:

    Ich halte Sparsamkeit in der Beziehung für sehr wichtig. Man sollte theoretisch schon glücklich sein, wenn man sich abends zusammen ins Bett kuscheln kann. Gerne können andere Erinnerungen (Reisen, romantisches Essen gehen) etc. dazu kommen, aber die Beziehung sollte sich darüber nicht definieren. Es kann immer schwere Zeiten geben, in denen man sich finanziell einschränken muss. Eine Beziehung sollte an sowas nicht zerbrechen. So lange beide Geld nach Hause bringen, muss man es mit dem Sparen aber nicht übertreiben. Ich darf z.B. keine billigen TK-Pizzen, Chips oder Zahnbürsten kaufen, sonst bekomme ich zuhause Ärger. 😉 Ebenso kaufen wir uns Handys, PC und Co. wie wir es für richtig halten. Man kann zwar seine Meinung äußern „Brauchst du das wirklich?“, aber wenn ein „Ja!“ kommt, akzeptieren wir das. Wir haben beide noch unseren eigenen Kopf, was ich gut finde.

    Antworten
    • Marielle sagte:

      Hey Jenny,

      du hast vollkommen Recht – eine Beziehung sollte sich definitiv nicht über die materiellen Werte definieren.
      Wahrscheinlich zerbrechen leider dennoch viele Beziehungen daran, dass die Erwartungen oder Wertevorstellungen zu unterschiedlich sind.

      Bei uns läuft es genauso wie bei Euch, dass jeder sich trotz aller Sparsamkeit den einen oder anderen kleinen Luxus gönnt, den der andere so nicht nachvollziehen kann aber dennoch voll akzeptiert.

      Finde es gut, dass Ihr anscheinend auch so einen guten Weg für Euch gefunden habt!

      LG
      Marielle

      Antworten

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  1. […] Ein sehr wichtiges Thema haben die Beziehungs-Investoren aufgegriffen: Ist Geiz in der Beziehung geil? Eher nicht und darüber schreiben Marielle und Mike sehr ausführlich. Ich persönlich finde falschen Geiz eh nicht förderlich, aber in der Beziehung ist er sehr schädlich. Das sehen die beiden genauso.Zum Artikel  […]

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