Hochzeit absagen oder verschieben wegen Corona? Tipps einer Familienrechtsanwältin!
Familienfeste in den kommenden Monaten werden eine Herausforderung sein. Bis Ende August 2020 waren Großveranstaltungen untersagt. Auch Feierlichkeiten, die nur kleine Familien betreffen, stehen unter dem Infektionsrisiko in einem anderen Licht. Auch in 2021 startet Deutschland in einem Lockdown…
Und so lesen und hören wir von mehr Hochzeiten, Taufen oder ähnlichen Veranstaltungen, die verschoben oder sogar abgesagt werden sollen. Als Paar ist diese Entscheidung eine riesige Herausforderung! Denn lange ist das Hochzeitsfest geplant, viele Menschen hängen daran und Ihr habt Euch darauf gefreut.
Weil an so einer Absage der Hochzeit vor allem auch viel Geld hängt, haben wir ein Interview mit Christiane Warnke (Rechtsanwältin mit Fokus auf Familien- und Vertragsrecht) geführt.
Im Interview erfahrt Ihr, was es beim Verschieben oder Absagen des Hochzeitsfestes zu beachten gibt und wie Ihr am besten vorgeht. Gilt natürlich auch für alle anderen Veranstaltungen, die Ihr aufgrund von Corona absagen oder verschieben möchtet.
Höre direkt ins Interview rein:
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Im Artikel haben wir die wichtigsten Antworten zusammengefasst und eine kleine Checkliste für Euch erstellt, solltet Ihr Eure Hochzeit absagen oder verschieben wollen.
Mit Christiane Warnke haben bereits vor einiger Zeit ein Interview zum Thema Ehevertrag geführt. Hier durften wir so viel über die Folgen einer Eheschließung lernen – danke dafür!
Heute möchten wir über einen Schritt davor sprechen – die Hochzeit selbst und zwar unter erschwerten Bedingungen aufgrund der aktuellen Corona-Krise.
Warum ist „Corona“ eine so große Herausforderung für angehende Ehepaare?
Hochzeiten und Corona ist im Moment ein großes Thema! Nicht nur weil die Hochzeitssaison gerade bevorsteht, sondern vor allem, weil viele Paare unsicher sind, wie sie in der aktuellen Situation mit ihren bereits geschlossenen Verträgen umgehen sollen:
Welche Verträge haben wir? Wie sieht es aus, wie kann ich Verträge kündigen? Muss ich daran festhalten? Was ist mit Anzahlungen etc.?
Die Hochzeit ist ja immer so der schönste Tag im Leben und oft sehr sehr lange geplant. Und was passiert im Moment? Gaststätten dürfen nicht öffnen, Take Away ist keine wirkliche Option für eine Hochzeit.
Eine Hochzeit besteht ja meist aus vielen verschiedenen Bausteinen; für die Hochzeit werden ganz, ganz viele verschiedene Verträge geschlossen. Das geht los mit dem Restaurant möglicherweise Hotelbuchungen für Gäste oder ich bestelle einen einen Caterer. Wir suchen Räumlichkeit aus, ich brauche einen Fotografen, ich brauche Kuchen, brauche Dekoration, Musik, vielleicht ein Redner.
Also ich habe viele verschiedene Verträge die ich alle einzeln anschauen muss, wenn wir die Hochzeit jetzt absagen oder verschieben möchten.
Der Gesetzgeber also unser BGB (das Bürgerliche Gesetzbuch) kennt eigentlich keine höhere Gewalt. Corona oder ähnliche Pandemien sind im Gesetz nicht vorgesehen. Die einzige Ausnahme ist das Reiserecht, das können wir dann später besprechen, wenn es um die Hochzeitsreise geht.
Aber sonst gilt der Grundsatz: Verträge sind einzuhalten!
Und der zweite Grundsatz: Geld hat man zu haben!
Was sagt denn die Gesetzeslage zum Umgang mit diesen Verträgen, die für die Hochzeitsfeierlichkeit geschlossen wurden?
Solche Sachen wie jetzt gerade passieren, diese Pandemie, hat der Gesetzgeber nicht vorhersehen können und damit nicht eingeplant.
Das bedeutet, ich habe Verträge geschlossen mit verschiedenen Anbietern von Leistungen. Wenn diese Anbieter ihre Leistung gar nicht erbringen können, haben diese natürlich auch keinen Anspruch auf das Honorar. Wenn ich eine Gaststätte gebucht habe und für das Essen und den Saal einen bestimmten Preis ausgemacht habe. Dann kann dieser Preis natürlich nur verlangt werden, wenn die Leistung erbracht wird.
Das heißt in diesem Fall, dass die Gaststätte auch ein Interesse daran hat, dass der Vertrag aufgehoben wird. Wenn ich allerdings Kuchen bestelle, der kann ja weiterhin geliefert werden. Vielleicht können wir niemanden einladen, der ihn essen kann. Aber der Kuchen an sich, die Leistung, kann erbracht werden. Dennoch ist dann die Frage zu welchem Zweck habe ich den Vertrag geschlossen, macht es Sinn, wenn ich alleine mit 50 Torten da sitze? Wahrscheinlich nicht!
Habe ich zum Beispiel nur einen Raum gebucht und der Konditor sagt, er kann ja liefern. Dann muss man eine Lösung finden, wenn die Hochzeit abgesagt bzw. verschoben wurde. Denn der Kuchen war ja für die Hochzeit bestimmt, die jetzt aber nicht stattfindet.
Sie können vielleicht später liefern, wenn ich die Hochzeit verschieben kann, aber in dem Moment macht diese Lieferung keinen Sinn.
Es gibt dafür eine Sonderregelung im BGB: Der Wegfall der Geschäftsgrundlage heißt das. Die Geschäftsgrundlage für die Bestellung war, dass die Hochzeit stattfindet, dass ich meine Gäste bewirten kann. Wenn ich das nicht mehr tue, kann ich mit den Torten nichts anfangen, jedenfalls nicht in der Menge.
Welche Unterschiede bei Verträgen sind wichtig zu berücksichtigen?
Ich muss jeden Vertrag einzeln anschauen, da es verschiedenste Vertragsarten gibt.
Was ist mit dem Hochzeitskleid, wenn ich das in Auftrag gegeben habe bei einer Schneiderin? Das ist das ein sogenannter Werkvertrag.
Andere Verträge wie der mit einem Fotografen oder dem Restaurant sind Dienstleistungsverträge, bei denen eine Dienstleistung geschuldet wird. Bei einem Werkvertrag wird ein Erfolg geschuldet.
Bestelle ich ein Kleid und die Schneiderin hat vielleicht schon angefangen, dann muss man ihr auch das Geld dafür zahlen. Denn sie kann es ja zuhause fertig machen oder sie hat ein kleines Atelier, welches zwar schließen muss, aber durch einen Abholservice kannst Du dennoch an Dein Kleid kommen. Werkverträge sind also meist das kleinere Problem.
Auf der anderen Seite stehen Veranstalter, die Künstler, die jetzt auf ihr Honorar verzichten müssen, wenn Ihr Eure Hochzeit absagt. Es ist also ganz schwierig pauschal zu sagen, wie man damit umgehen soll, wenn man die Hochzeit verschiebt, da das „Wann“ auch so ungewiss ist.
Macht es denn mehr Sinn die Hochzeit erst einmal ganz abzusagen oder lieber zu verschieben?
Die Frage ist, ob man so ein großes Fest einfach 3-4 Monate verschieben kann?
Werdet Ihr so kurzfristig nochmal Räumlichkeiten bekommen und alle anderen Leute, die damit zusammenhängen für den Ersatztag organisieren können? Es ist ja auch so, dass es nicht nur eine einzelne Person betrifft.
Wenn wir plötzlich anderer Meinung sind oder einen Unfall hatten, dann ist eine Verschiebung leichter möglich als aktuell. Denn Corona betrifft so viele Hochzeitspaare.
Jeder der schon geheiratet hat, weiß wie sehr man damit beschäftigt ist, alles zu organisieren. Das wird einfach nicht klappen zu sagen: Ach, das machen wir jetzt nächstes Jahr im Mai
Was passiert, wenn wir unsere Hochzeit aus anderen Gründen als Corona absagen oder verschieben möchten?
Wenn du jetzt einfach sagst, wir haben uns doch entschieden wir heiraten nicht – das ist Euer Problem!
Bei der Corona Pandemie aktuelle hat kein Vertragspartner Schuld daran. Das hat keiner zu vertreten.
Wenn ihr einfach sagen würde wir lassen die Hochzeit platzen, dann könnte zum Beispiel der Fotograf sagen: Ich habe jetzt die und die Vorbereitung getroffen und für die Arbeit, die ich bisher geleistet habe verlange ich ein Schadenersatz bzw. den Ersatz der Aufwendungen, die ich bisher hatte
Das gilt übrigens auch in Zeiten von Corona! Wenn wirklich schon eine Leistung erbracht ist und zum Beispiel eine Anzahlung geleistet wurde und Ihr sagt ab, obwohl bereits die Organisation in die Hand genommen wurde. Zum Beispiel das Restaurant hat bereits Dekoration geordert oder die Sängerin hat sich auf bestimmte Lieder vorbereitet und dafür auch bereits eine Anzahlung erhalten. Dann müssen die erbrachten Teilleistungen auch honoriert werden, egal ob es stattfindet oder nicht.
In vielen Verträgen sind aber normalerweise auch Kündigungsfristen drin.
Wie können solche Fristen aussehen und was bedeutet das für unsere Hochzeitsabsage?
Also grundsätzlich kann z.B. ein Restaurant einen Teil des vereinbarten Preises verlangen, aber nur für Aufwendungen, die erbracht worden sind. Wenn einfach nichts gemacht ist außer der im Kalender eingetragenen Reservierung, und es gibt keinen ausdrücklichen Vertrag, sondern man hat einfach die Buchung gemacht.
Dann gibt es keine weiteren Ansprüche. Das Restaurant bzw. der Veranstalter müssten dann einfach nachweisen welche Arbeit er bisher geleistet hat und die bekäme er entschädigt.
Ich kann nach dem Gesetz einen Vertrag grundsätzlich kündigen und es gibt immer einen wichtigen Kündigungsgrund. Außerordentliche Kündigungsgründe habe ich, aber mit der Rechtsfolge, dass dann der andere unter Umständen Schadenersatz oder Aufwendungsersatz geltend machen kann.
Durch sogenannte AGBs oder das Kleingedruckte wie man so schön sagt, kann man quasi eigene Gesetze schreiben: Allgemeine Geschäftsbedingungen werden auch als Individualgesetz bezeichnet. Das heißt ich habe die Möglichkeit, wenn ich vorausschauend war, für bestimmte Fälle, die der Gesetzgeber im BGB nicht erfasst wie z.B. höhere Gewalt spezielle Regelungen zu treffen.
Das gibt mir die Möglichkeit, eigene Regelungen für die Kündigung des Vertrages und pauschale Schadensersatzansprüche zu treffen. Wird die Hochzeit zum Beispiel 4 Wochen vorher abgesagt gleich aus welchem Grund (auch wegen höherer Gewalt), dann stelle ich eine Pauschale für Schadenersatz in Rechnung. Grenzen für die Höhe der Schadensersatzansprüche finden sich dann wieder im BGB.
Aber der Ausweg ist eigentlich für Anbieter von Waren und Leistungen eigene AGBs machen und damit das Gesetz zu ergänzen.
Wenn man also die Hochzeit absagen möchte, muss man prüfen mit wem man einen schriftlichen Vertrag gemacht hat, ob es solche AGB’s gibt, wenn ja, mit welchem Inhalt und mit wem es eher eine Reservierung auf Zuruf war.
Wenn mir die Regelungen darin nachteilig vorkommen, sollten diese anwaltlich geprüft werden.
Ohne solche speziellen Regelungen gilt das allgemeine Recht.
Was ist Dein wichtigster Tipp, wenn man eine Absage der Hochzeit aufgrund von Corona plant?
Zuerst einmal eine Liste machen , welche Dienstleister vorhanden sind bzw. welche Verträge bereits geschlossen sind. Jeden einzelnen prüfen und dann in die Gespräche gehen.
Es trifft ja beide Seiten und Existenzen stehen auf dem Spiel. Bei kleineren Beträgen oder auch kleineren pauschale Abfindungs-bzw. Abschlagszahlung sollte man überlegen, ob man die Anzahlung wirklich zurück fordern will oder die Hochzeit dann nächstes Jahr wieder im selben Lokal bucht.
Vielleicht wird es angerechnet oder man kann einen Gutschein akzeptieren. Es ist einfach eine Situation mit der keiner rechnen konnte und die alle betrifft.
Was gibt es denn bei der Hochzeitsreise zu beachten, wenn auch diese der Corona-Krise zum Opfer fällt?
Das Reiserecht hat der Gesetzgeber gesondert geregelt, es ist ein relativ junges Recht im BGB. Dort gibt es Regelungen, dass man bei Pauschalreisen – und nur bei diesen! – zurücktreten kann wenn andere Umstände auftreten z.B. Naturkatastrophen.Hier gibt also den Begriff „höhere Gewalt“ und das ist einzigartig im BGB.
Aber: es wird schon gestritten, ob Corona eine Naturkatastrophe oder etwas Vergleichbares ist.
Ein Indiz für die Möglichkeit der – kostenlosen – Stornierung ist immer eine Reisewarnung vom Auswärtigen Amt. Das ist derzeit der Fall, aber im Moment nur bis 30.04 also sehr kurzfristig.
Anders ist es, wenn Ihr keine Pauschalreise sondern einzelne Bausteine (Flug und Hotel separat) gebucht habt. Da gilt wieder das was ich eben gesagt habe: Schaue in die Verträge, welche AGB gelten. Dies muss ich mir bei jedem Baustein einzeln raussuchen, was ist dafür geregelt.
Hier haben wir also ein starkes Argument für Pauschalreisen.
Gibt es besondere Regelungen, wenn mich Corona ganz persönlich besonders betrifft?
Gesetzliche Regelungen gibt es nicht für diesen Spezialfall. Aus einem wichtigen Grund kann ich immer kündigen aber Schadenersatzansprüche aufgrund Gesetz oder AGB kann es immer geben.
Es besteht die Gefahr, dass der eine oder andere jetzt in Kurzarbeit gerät oder tatsächlich seinen Job verliert und dann schon geschlossene Verträge rund um die Hochzeit nicht mehr bezahlen kann, sind dann auch einfach persönliches Pech.
Zum 01.04.20 hat der Gesetzgeber zwar das Corona-Gesetz erlassen. Dieses betrifft aber nur Dauerschuldverhältnisse (z.B. Fitnessstudio oder Mietverhältnisse). Für diese Verträge gilt jetzt ein Sonderkündigungsschutz. Das heißt ich habe ein sogenanntes Leistungsverweigerungsrecht – ganz kompliziertes Wort – das es mir gestattet, dass ich für einen Zeitraum von drei Monaten bis zum 30.06.20 die Zahlungen aussetzen kann.
Diese Schuld kann ich dann in zwei Jahren tilgen, heißt ab dem 01.07 muss ich wieder zahlen und dann auch den Rest aus diesen drei Monaten. Ich bekomme lediglich für die Rückstände der drei Monate einen Zahlungsaufschub und zwei Jahren Zeit. Das hat sich geändert aber eben nur für wesentliche Verträge wie Mietverträge.
Dasselbe gilt für Verbraucherdarlehensverträge – nicht jedoch für Verträge mit dem Fitnessstudio oder dem Streaming-Dienst, weil diese nicht als wesentlich anerkannt sind.
Insgesamt gibt es im Moment einfach nur eine Möglichkeit: Man muss reden!
Die neuen gesetzlichen Regelungen gelten auch nur zwischen Unternehmen und Verbrauchern Denn stellt Euch vor, Ihr hättet eine Wohnung gekauft, habt diese finanziert und Euer Mieter möchte jetzt nicht mehr zahlen. Das geht natürlich nicht. Das wäre eine endlose Kette.
Die Sonderregelung bedeutet auch nur einen Zahlungsaufschub – es ist kein Geldgeschenk!
Wie sind denn die Regelungen, wenn wir die Hochzeit mit einem Kredit finanziert haben und jetzt die Zahlungen aufgrund der Verschiebung oder Absage nicht mehr benötigt werden?
Es gibt ja durchaus Paare die die Hochzeit von dem Kredit finanzieren und da jetzt im Vorfeld das Geld bereits abgerufen haben. Jetzt haben sie aufgrund der Absage deutlich geringere Ausgaben. Auch da kommt wieder drauf an, was die AGBs des Kreditvertrages sagen. Also es ist sicherlich kein wichtiger Grund weil jetzt das Ereignis für dass das Geld in Anspruch genommen wurde nicht stattfindet. Es geht ja eigentlich nur um das Verhältnis mit der Bank und bei einem Verbraucherkredit besteht die Möglichkeit vielleicht vorzeitig zurückzuzahlen durch Sondertilgungen.
Auch hier ist der entscheidende Tipp: Reden! Denn dafür hat man ja jetzt in Corona-Zeiten auch etwas mehr Zeit und dann kommt man sicherlich zueinander.
Checkliste zur Absage oder Verschiebung Eurer Hochzeit:
Aus dem Interview mit Christiane Warnke haben wir eine kurze Checkliste für Euch erstellt. Solltet Ihr aufgrund der Corona-Krise Eure Hochzeit oder auch ein anderes Familienfest absagen bzw. verschieben wollen, geht Euch damit sicherlich nichts unter:
- Alle Verträge und Abmachungen mit Dienstleistern notieren
- Hinterfragen, ob bereits Leistungen erbracht wurden
- Vertragsbedingungen auf Kündigungsfristen und AGB prüfen
- Bei Unklarheiten bzgl. Vertragsbestandteilen anwaltlich beraten lassen
- Gespräch mit Anbietern bzgl. Alternativtermin oder Rücktritt von Verträgen suchen
- Gäste informieren und neuen Termin planen
- Von Hochzeitsreise zurücktreten (wenn es eine Pauschalreise ist) oder auch hier Verträge und AGB prüfen
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