Privatinsolvenz als Beziehungskiller oder wertvoller Startschuss?

Immer wieder lernen wir online wie offline spannende Menschen kennen. Einer davon ist Robert Brinkert, der Menschen unterstützt, die sich in der Privatinsolvenz befinden oder kurz davor stehen.

Dafür hat er sein eigenes Unternehmen gegründet und arbeitet daran Bildung rund um Schulden und Finanzen im Allgemeinen unter die Menschen zu bringen.

Seine eigene Privatinsolvenz war für Robert der Startschuss in ein neues Leben – mit Finanzbildung!

Im Beziehungs-Investoren Podcast hat er von seinem Weg berichtet und mit viel Passion dargelegt, warum Bildung rund um Finanzen der Schlüssel ist, dass weniger Menschen ihre private Insolvenz anmelden und durchstehen müssen.

Das ganze Gespräch mit Robert kannst Du Dir hier oder auf allen Podcast-Plattformen anhören:

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Und wenn Du lieber liest, haben wir die wichtigsten Punkte zusammengefasst:

Robert Brinkert lebt in Hamburg, ist 35 Jahre jung, verheiratet und Vater von einem Sohn sowie einem Stiefsohn. Er ist hauptberuflich beim Zoll und verbeamtet.

Nebenbei hat er die Insolvenzhilfe gegründet, nachdem er selbst 2017 Privatinsolvenz anmelden musste und aus dieser Zeit viel gelernt hat.

Privatinsolvenz Interview

Was steckt hinter Deinem Projekt der „Insolvenzhilfe“?

Meine Vision ist mit finanzieller Bildung die Anzahl der 90.000 Privatinsolvenzen und die Anzahl der sieben Millionen überschuldeten Menschen in Deutschland zu senken, was zur Folge haben wird, dass Kinder- und Altersarmut bekämpft werden.

Kurz nachdem der Antrag auf Eröffnung meiner Privatinsolvenz gestellt wurde, kam ich eines Morgens von der Nachtschicht nach Hause und habe eine Dokumentation über die Auswirkungen der Finanzkrise an einem kleinen norwegischen Ort gesehen.

Das war für mich der Startschuss über Finanzen nachzudenken und viele Bücher zu lesen. Später stellte ich immer mehr fest, wie kompliziert und anstrengend der ganze Insolvenzprozess ist – und dass auch hier so viel Wissen fehlt.

Deshalb habe ich entschlossen anderen zu helfen, diesen Prozess stressfrei zu überstehen.

Langfristig möchte ich dazu beitragen, dass Menschen gar nicht erst in der Verschuldung landen.

Wie kam es denn zu Deiner eigenen Privatinsolvenz?

Das war eine Verkettung vieler Faktoren:

  • Hochzeit auf Kredit
  • Elternzeit, die wir beide genommen haben und aufgrund der früheren Selbstständigkeit meiner Frau ein geringeres Elterngeld.
  • Ein gescheiterter Versuch nebenbei Geld zu verdienen mit einer eigenen Eisdiele.
  • Der verunglückte Versuch Selbstständigkeit, Familienleben und Rückkehr in den Job nach 6 Monaten Elternzeit zu vereinbaren.
  • Scheitern der Selbstständigkeit mit dem Eiscafé.

Der entscheidende Punkt bei allem war meine mangelnden Finanzbildung und der daraus folgende falsche Umgang mit Geld.

 

Wie kannst Du Menschen in der Privatinsolvenz ganz konkret helfen?

Um durch das Verfahren entspannt durchzukommen benötigen die Menschen Bildung oder einen teuren Rechtsanwalt.

Ich möchte Menschen Sicherheit geben, rechtliche aber vor allem finanzielle Aufklärung bieten. Zudem möchte ich sie dabei unterstützen, finanziell gut aufgestellt zu sein, wenn der ganze Prozess vorbei ist, sodass ihnen das nie wieder passiert.

Hier ist auch wichtig den Prozess ganzheitlich zu betrachten, denn die Finanzen sind nur ein wichtiger Teil neben dem Lebensbereichen Beziehungen, Gesundheit und Sinn.

Darfst Du selbst damit in der Privatinsolvenz überhaupt etwas verdienen? Oder musst Du alles abgeben?

Klar darf man das. In der Privatinsolvenz wird dein Gehalt mit der Pfändungstabelle abgeglichen und dein pfändungsfreier Anteil bleibt Dir für den Lebensunterhalt.

Grundsätzlich musst Du dann die Hälfte Deines Zuverdienstes abgeben, um damit Deine Gläubiger zu bedienen.

Meine persönliche Einstellung lautet: Wenn die Wohlverhaltensphase vorbei ist, was im August 2020 nach drei Jahren der Fall ist, möchte ich 100 % meiner Schulden an die Gläubiger zurückzahlen. Ich sehe das als meine moralische Verpflichtung.

Aber erst einmal möchte ich durch das Projekt tatsächlich nichts verdienen, sondern alles was ich einnehme wieder reinvestieren, um meine Vision langfristig zu erreichen und min. 20.000 Menschen pro Jahr in der Insolvenz zu unterstützen.

Wie läuft das mit einer Privatinsolvenz typischerweise ab?

Grundsätzlich dauert der ganze Prozess 6 Jahre, das eigentliche Insolvenzverfahren sind jedoch nur 12 bis 18 Monate. Nach der Beendigung des eröffneten Verfahrens folgt die Wohlverhaltensphase.

Durch die Privatinsolvenz wird Dir nach einer gewissen Zeit die restliche Schuld erlassen. Bei mir wird dies bereits nach 3 Jahren in diesem August sein, da ich dann 35% der Schulden abgezahlt habe.

Zukünftig soll der ganze Prozess EU-weit auf 3 Jahre gekürzt werden, damit die Betroffenen schneller wieder voll am Wirtschaftsleben teilhaben können.

Offiziell ist es nicht gewünscht, dass man während der Privatinsolvenz bspw. an der Börse investiert oder eine Immobilie kauft, mal davon abgesehen, dass aufgrund der Schufa ein Immobilienkredit nicht finanziert wird.

Nach 12-18 Monaten erlangt man bei „Wohlverhalten“ jedoch gewisse Rechte und Pflichten. Unter anderem Sparpläne, Wohnungsbesichtigungen oder auch Netzwerkaktivitäten, um zu lernen wieder auf eigenen Beinen zu stehen.

Auf der anderen Seite muss man das Geld auf dem Pfändungskonto, das einem zur Verfügung gestellt wird auch auf jeden Fall ausgeben bzw. verwenden. Denn ansonsten wird es einbehalten und geht auch an die Gläubiger.

Auch wenn ich alle meine Schulden irgendwann zurückzahlen möchte – in dem Moment ist es eben echt ärgerlich, wenn man Geld dann vielleicht 2 Monate später braucht und es aber nicht rechtzeitig weg überwiesen hat.

Was sind Deine wichtigsten Erkenntnisse aus den vergangenen 3 Jahren?

Ich habe gelernt, wie wir unsere Ausgaben minimieren können. Zum Beispiel hatten wir früher 2 Autos und haben jetzt keines mehr. Wir sind bewusst umgezogen, sodass ich mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren kann.

Wir haben unsere Ausgaben optimiert, indem wir bspw. Handy-Verträge oder eben die Selbstständigkeit hinterfragt haben.

Wir haben angefangen viel zu hinterfragen, festgestellt was wirklich wichtig ist und dass wir gar nicht so viele materielle Dinge brauchen für ein glückliches Familienleben.

Euch soll so etwas auf keinen Fall passieren? Lernt von unserem Finanz- und Beziehungswissen aus über 10 Jahren und werdet Teil unserer Premium-Community.

Hat die Privatinsolvenz Eure Beziehung verändert? 

Erstmal war die Privatinsolvenz vorrangig meine Schuld. Ich war verantwortlich für die Entscheidungen, auch wenn wir bspw. Kreditfinanzierungen auch bereits zusammen abgeschlossen haben.

Wir sind aber auf jeden Fall enger zusammengerückt. Am Anfang war alles sehr stressig und es standen Vorwürfe im Raum.

Wir haben viel miteinander gesprochen und der Prozess hat uns dazu gebracht, dass wir heute viel bewusster leben und auch anders mit unseren Kindern umgehen.

 

Was tut Ihr als Eltern, um Euren eigenen Kindern eine solche Privatinsolvenz zu ersparen? 

Ganz einfaches Beispiel: Mein fünfjähriger Sohn hat ein Sparschwein. Er bekommt 1 € Taschengeld pro Woche, 50 Cent kommen in das Sparschwein für sein Sparziel und mit dem Rest kann er machen, was er möchte.

Wir möchten die richtigen Grundlagen legen, dass beide Kinder lernen mit Geld umzugehen, aber auch zu sparen. Und irgendwann werden sie auch ihre erste Aktie kaufen.

Dein wichtigster Tipp für andere Menschen?

Niemals den Kopf in den Sand stecken und immer Verantwortung übernehmen. Dann kann man auch das positive aus der Situation der Privatinsolvenz ziehen.

Und dann sind es so Kleinigkeiten: Beispielsweise niemals Briefe ungeöffnet lassen. Stattdessen die Finanzen kennen und strukturieren. Und dann einen Notgroschen aufbauen – 3-6 Monate würde ich empfehlen, lieber 6 bei anstehenden Rezessionen.

Auf jeden Fall nicht weglaufen, sondern die Situation annehmen, akzeptieren und gucken wie es weitergehen kann. Auch mit Unterstützung eines Schuldnerberaters oder eben jemandem wie mir.

Vielen Dank Robert für das spannende Interview!

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