Im vergangenen Sommer haben wir eine Reihe an Veranstaltungen durchgeführt unter anderem zu Investitionen und zu ETFs. Dabei kamen im Vorfeld bereits zahlreiche Fragen, wobei sich eine stets wiederholte.
Wie kann ich nachhaltig investieren?
Vor allem bei unseren ETF-Meet-Ups war es ein sehr begehrtes Thema. Unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollten es wirklich wissen.
Zum Beispiel Andrea hatte uns im Vorfeld bereits eine Mail geschickt und dann im Meet-Up nachgefragt. Sie hatte keine Lust in Großkonzerne zu investieren, die schädlich mit unserer Umwelt und Lebewesen umging.
Tabak, Rüstung, aber auch Unternehmen wie Nestlé sollten keinesfalls in ihrem Sparplan enthalten sein.
Mit erschrecken stellten wir jedoch fest, dass wir Andrea keine zufriedenstellende Antwort liefern konnten. Zwar gab es ETFs, die sich nachhaltig nannten, jedoch war unter den größten Positionen stets das viel diskutierte Nestlé vertreten.
Genau das Unternehmen, das auf jeden Fall ausgeschlossen werden sollte.
Woran liegt das?
Bei ETFs kannst Du bestimmte Branchen aus- oder einschließen. Das funktioniert gut für die Tabak- und Rüstungsindustrie. Doch breit aufgestellte Konsumgüter wie Nestlé fallen einfach nicht in diese Kategorien.
ETFs bilden einen Index ab und anscheinend gibt es keinen Index, der sich wirklich umfassend auf Nachhaltigkeit spezialisiert hat. Das Dilemma bleibt also: Andrea könnte nur mit schlechtem Gewissen investieren. Das kommt für sie nicht in Frage. Also vergammelt ihr Geld nun weiter auf dem Sparbuch?
Hoffentlich nicht. Denn ein Blick außerhalb der ETF-Welt führte uns zu einem Unternehmen, das sich auf nachhaltige Geldanlagen spezialisiert hat: Die Grünes Geld GmbH in Aschaffenburg.
Dieses Unternehmen hat klare Kriterien und Standards, die erfüllt sein müssen, sodass eine Investition als nachhaltig und sinnvoll gilt.
Wir haben uns mit der Geschäftsführerin Carmen Junker getroffen, um mehr über nachhaltige Geldanlagen zu erfahren. Schließlich schulden wir Andrea und unseren anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern noch eine Antwort.
Das Interview mit Carmen Junker in voller Länge im Beziehungs-Investoren Podcast.
Dieser Artikel basiert auf einem spannenden Interview mit Carmen Junker von der Grünes Geld GmbH aus Aschaffenburg. Das komplette Gespräch gibt es jetzt auch im neuen Beziehungs-Investoren Podcast auf die Ohren!
Die Folge findest Du auf iTunes, Spotify und allen anderen Podcast-Plattformen. Oder Du klickst direkt hier:
Carmen Junker hat 2007 zusammen mit ihrem Mann Gerd das Unternehmen Grünes Geld gegründet. Bereits davor war sie als Finanzdienstleisterin rund um nachhaltige Geldanlage tätig. Dabei ging es dem Ehepaar genauso wie Andrea: sie wollten nachhaltig investieren, doch fanden keine Möglichkeiten. Und das, obwohl Frau Junker als gelernte Bankkauffrau und Filialleiterin einer Sparkasse nun wirklich an der Quelle saß.
Im Interview mit Carmen Junker durften wir einiges über nachhaltige Geldanlage lernen:
Wie wird Nachhaltigkeit definiert?
Bevor wir zu den Investitionsmöglichkeiten kommen, klären wir zunächst, was Nachhaltigkeit überhaupt bedeutet. Gefühlt kann und wird heute fast alles als nachhaltig bezeichnet.
Das passiert, wenn es keine klare Übereinkunft gibt, was ein Begriff bedeutet und damit keinerlei Richtlinien existieren. So auch die Nachhaltigkeit.
Daher ist für Dich wichtig festzulegen, wann eine Geldanlage für Dich tatsächlich nachhaltig ist. Was sind Deine Kriterien?
Nachhaltige Entwicklungsziele der UN als Kriterien
Du könntest Dich zum Beispiel an die Entwicklungsziele der UN halten und darauf achten, dass Deine Investitionen auf diese Ziele einzahlen.
Quelle: Bundesvereinigung Nachhaltigkeit
Nun hast Du die Möglichkeit Unternehmen oder Projekte auszuschließen, die gegen eines der Ziele (massiv) verstoßen oder nur solche in Dein Portfolio aufzunehmen, die mindestens eines dieser Ziele explizit unterstützen.
ESG-Kriterien als Nachhaltigkeitsmessung
Environment, Social und Governance – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung dienen als weitere Beurteilungskriterien für nachhaltige Unternehmen und Projekte.
Die ESG-Kriterien werden hauptsächlich mittels des Best-in-Class-Ansatzes verwendet: Branchenintern werden alle Unternehmen nach diesen Kriterien beurteilt und in eine Rangfolge gebracht. Das Unternehmen, das am besten abschneidet, erhält das Siegel der Nachhaltigkeit.
Dabei gibt es kein Ausschlusskriterium und auch Branchen wie die Waffenindustrie haben daher einen nachhaltigsten Player. Ob dieser nun wirklich nachhaltig ist oder schlicht der am wenigsten schlimme ist, lässt sich auf den ersten Blick nicht beurteilen.
Dieser Ansatz erklärt aber auch, wie es beispielsweise Nestlé in die nachhaltigen ETFs schafft, obwohl viele Menschen Nestlé intuitiv nicht mit Nachhaltigkeit in Verbindung bringen.
Welche nachhaltigen Investitionsmöglichkeiten gibt es?
Im Interview mit Carmen Junker lernten wir, dass im Grunde in jede Anlageform auch unter nachhaltigen Kriterien investiert werden kann. Dazu zählen unter anderem Aktien, Immobilien und Crowdinvesting.
Spannender ist jedoch, dass auch eine Anlage in einzelne Projekte möglich ist. Beispielsweise in den Bau einer Solarfarm oder in Schulprojekte in Entwicklungsländern. Dafür investierst Du jedoch meist einen größeren Betrag als die „üblichen“ 25 Euro in den ETF-Sparplan.
Wie kannst Du in einzelne Projekte investieren?
Unternehmen wie „Grünes Geld“ übernehmen die Vermittlung und die Auswahl solcher Projekte. Dabei werden weitere Kriterien zu Grunde gelegt, um den Erfolg der Unternehmung zu gewährleisten.
Dabei kommt es unter anderem darauf an, wie viel Erfahrung die Projektleitung bei der Umsetzung bereits hat, wie gut die Finanzierung läuft, wie oft mit den Personen bereits zusammengearbeitet wurde und natürlich, ob es sich tatsächlich um ein nachhaltiges Projekt handelt.
Bei dieser direkten Investition in ein Projekt (bpsw. Finanzierung einer Immobilie für einen Kindergarten) ist die Mindestinvestition deutlich höher, weshalb sich für kleinere Beträge als Alternative Crowdinvesting-Plattformen eignen.
Crowdinvesting-Plattformen unterstützen entweder einzelne Projekte oder ganze Start-Ups dabei, das nötige Kapital für die Umsetzung einzusammeln. Eine Übersicht diverser Plattformen findest Du bei Kilian und Robin.
Wieso lohnen sich aktiv gemanagte Nachhaltigkeitsfonds?
Bekanntlich sind wir keine Fans aktiv gemanangter Fonds. Dies liegt vor allem an den hohen Gebühren und wie diese über die gängigen Banken auf Provisionsbasis verkauft werden.
Im Gespräch mit Carmen Junker von Grünes Geld wurde jedoch klar, warum es im Sinne der Nachhaltigkeit sehr sinnvoll sein kann, sich für einen solchen Fonds zu entscheiden:
Der Manager des Fonds hat die Möglichkeit und nutzt diese auch, bei den Jahreshauptversammlungen zu erscheinen und explizite Nachfragen zu stellen.
Im Sinne der Nachhaltigkeit bedeutet dies, dass die angestrebten Ziele hinterfragt werden können und mit dem entsprechenden Kapital im Rücken auch Druck ausgeübt werden kann.
Darin besteht auch die Möglichkeit eine Veränderung als Privatinvestor hervorzurufen. Je mehr Kapital in nachhaltig Anlageformen / -Fonds fließt, je größer ist auch der Einfluss auf die gesamte Branche.
Durch Anlagen in ETFs entfällt diese Einflussmöglichkeit.
Weitere Möglichkeiten der nachhaltigen Investition
Uns interessieren am meisten gezielte Projekte für Investitionen. Allerdings fehlt es uns noch am nötigen Kapital, um eine gute Diversifikation zu erreichen. Aktiv gemanagte Fonds fallen für uns ebenfalls raus. Und bei Aktien schließen wir lediglich gesamte Branchen oder einige zweifelhafte Unternehmen aus. Gibt es da nicht noch andere Investitionen?
Selbstverständlich.
Letztes Jahr kauften wir uns normierte, wiederverwendbare Baumwollsäckchen für Obst und Gemüse. Kirschtomaten, Trauben und Co. wandern nun in einen solchen Sack und nicht mehr in die Plastiktüte, wenn wir sie kaufen.
Für kurze Wege verwenden wir das Fahrrad, gehen zu Fuß oder benutzen die öffentlichen Verkehrsmittel.
Auf einem Südbalkon eignet sich eine Fotovoltaikanlage, um einen Teil des Stromverbrauchs durch frische Sonnenenergie zu ersetzen.
Diese Investitionen bringen für die Umwelt, die eigene Gesundheit und das Portemonnaie bereits eine gute Rendite.
Investierst Du bereits in nachhaltige Anlageformen? Wie gehst Du dabei vor? Schreibe es uns in die Kommentare. Wir freuen uns auf den Austausch mit Dir.