Schock für werdende Eltern? Elterngeld-Debatte, Schuldzuweisung und Fakten-Check
Vor einer Woche wurde im Bundestag die Petition zur Elterngeld-Erhöhung diskutiert. Zeitgleich erschien die Meldung, dass Elterngeld zukünftig nur noch von Eltern bezogen werden kann, die maximal 150.000 Euro zu versteuerndes Einkommen (gemeinsam) vor der Geburt erwirtschaften. Bislang lag diese Grenze bei 300.000 Euro im Jahr.
Der Schock über diese Halbierung war groß, die Diskussionen in den sozialen und Mainstream-Medien wurden und werden emotional geführt und die Petition von Verena Pausder gegen die Maßnahme hat in wenigen Tagen mehr als eine halbe Millionen Unterschriften erhalten.
In dieser Folge erklären wir, was passiert ist und wie wir die Idee einordnen. Wir führen einen Fakten-Check durch, wer eigentlich betroffen sein wird und welche Auswirkungen eine Budgetkürzung fürs Elterngeld auf die Gleichstellung haben könnte. Auch die Kindergrundsicherung und die generellen Prioritäten des Bundeshaushaltes sind unser Thema.
Wichtige Links
Petition (von Verena Pausder) gegen die Elterngeld-Kürzung
Petition für die Kindergrundsicherung
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Halbierung der Einkommensgrenze beim Elterngeld
In der letzten Woche sind die Emotionen um das Thema Elterngeld in Deutschland hochgekocht. Die Debatte konzentrierte sich auf die angekündigte Senkung der Berechtigungsgrenze für den Bezug von Elterngeld. Statt einer lange erwarteten Erhöhung des Elterngelds nach 16 Jahren, wurde vorgeschlagen, die Einkommensgrenze für Berechtigte deutlich zu senken, was in sozialen und klassichen Medien zu vielen hitzigen Diskussionen geführt hat.
Bislang erhalten Familien Elterngeld, wenn ihr gemeinsames zu versteuerndes Einkommen maximal 300.000€ und bei Alleinerziehenden 250.000€ im Jahr beträgt. Der neue Vorschlag sieht jedoch eine Senkung dieser Grenze auf 150.000€ für Paare und Alleinerziehende vor.
Parallele Anhörung im Bundestag zur Erhöhung des Elterngeldes.
Die Ankündigung der Senkung der Berechtigungsgrenze für den Bezug von Elterngeld kam zu einem ungünstigen Zeitpunkt, parallel zur Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestags zur Petition für eine Erhöhung des Elterngelds. Seit 2007 wurde das Elterngeld nicht erhöht und liegt noch immer bei einem Mindestsatz von 300€ und einem Höchstsatz von 1800€. Die Petition, die über 60.000 Unterschriften sammelte, forderte genau diese Erhöhung.
Die vorgeschlagene Senkung der Einkommensgrenze soll zu Einsparungen in Millionenhöhe im Bundeshaushalt führen, genauer gesagt zu etwa 280 Millionen €. Angesichts der angespannten Finanzlage des deutschen Staates wird Sparpotential überall gesucht. Das Bundesfamilienministerium hat ebenfalls Sparbeiträge zu leisten und plant, diese durch Kürzungen beim Elterngeld zu erreichen.
Einnahmen beim zu versteuernden Einkommen
Was jedoch oft in der Debatte übersehen wird, ist, dass das zu versteuernde Einkommen nicht nur das Gehalt umfasst, sondern alle 7 Einkunftsarten, wie z.B. Einkommen aus Selbständigkeit, Kapitalerträge oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu bemerken, dass Einnahmen aus passiven Quellen wie Vermietung und Verpachtung oder Kapitalerträgen nicht eingerechnet werden und auch während der Elternzeit weiter fließen. Dieser Aspekt der Diskussion wurde bisher noch nicht vollständig erörtert.
Zudem werden bereits Pauschalbeträge vom Einkommen abgezogen, sodass das Bruttoeinkommen etwa bei 180.000 Euro liegt, wenn von 150.000 Euro zu versteuerndem Einkommen gesprochen wird.
Wie viele Personen betrifft das Senken der Einkommensgrenze beim Elterngeld?
Lasst uns zunächst die Zahlen betrachten. Im Rahmen des Elterngeldes erhält ein Paar insgesamt 14 Monate Unterstützung, wobei zwei Monate dem Mutterschutz zugerechnet werden. In diesem Zeitraum erhalten angestellte Mütter ihr volles Gehalt, das sie vor der Geburt erhielten, ohne eine Höchstgrenze oder Deckelung. Es gibt jedoch Unterschiede für Selbstständige, abhängig von ihrer Krankenversicherung.
Mit den Höchstsätzen im Elterngeld kommt man so auf ein Einsparungspotenzial pro Familie pro Jahr von 21.600 Euro.
Zahl der Betroffenen
Indem wir diese Zahlen in die Sparvorgabe von 280 Millionen Euro einsetzten, kommen wir zu dem Schluss, dass dies etwa 13.000 Eltern betreffen würde. Eine überschaubare Anzahl. Doch irgendwie passte dies auch nicht zu den hunderten Nachrichten, die wir auf allen Kanälen erhielten.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat jedoch die Zahl von 60.000 betroffenen Personen genannt. Dies würde bedeuten, dass sie pro Familie nur 9.300 Euro pro Jahr einsparen, eine erhebliche Diskrepanz!
Offene Fragen und Spekulationen
Diese Diskrepanz wirft einige Fragen auf. Bedeutet dies, dass das Ministerium plant, das Elterngeld für andere Familien zu erhöhen? Oder geht das Ministerium davon aus, dass Frauen, die hauptsächlich das Elterngeld in Deutschland beziehen, nicht den Höchstsatz erhalten, sondern durchschnittlich nur 780 Euro pro Monat? Das entspricht fast dem durchschnittlichen Elterngeldsatz, den Mütter erhalten. Eine erschreckende Aussicht für die Gleichberechtigung.
Weitere Einschätzungen
Das Institut für Wirtschaft aus Köln hat eine weitere Schätzung abgegeben, dass nicht 60.000, sondern 430.000 Menschen potenziell von der neuen Regelung betroffen sein könnten. Diese Zahl beinhaltet Personen, die potenziell Eltern werden könnten und unter diese Regelung fallen würden. Dies könnte dazu führen, dass sich einige Menschen gegen das Kinderkriegen entscheiden, die es eigentlich vor hatten.
Die vorgeschlagene Änderung der Elterngeldregelung hat weitreichende Auswirkungen, die noch nicht vollständig verstanden sind. Eine transparente und offene Diskussion ist notwendig, um zu einer gerechten Lösung zu kommen.
Der Sparhaushalt der Bundesregierung
Der jüngst in der Regierung diskutierte Sparhaushalt wirft viele Fragen auf. Dass das Finanzministerium für einen solchen plädiert, überrascht kaum. Krisenbedingt besteht offenbar Handlungsbedarf zur Eindämmung des Haushaltsdefizits. Doch wie genau stellt sich dieser Sparhaushalt zusammen und welche Ministerien sind davon betroffen?
Einsparungen und Investitionen: Die Bilanz der Ministerien
Interessanterweise sind nicht alle Ministerien von den Sparmaßnahmen gleichermaßen betroffen. Einige erhalten sogar mehr Geld als bisher. Das Verteidigungsministerium etwa mit einem Plus von 3,4%, was angesichts der aktuellen politischen Lage kaum überrascht. Ebenso erhalten die Bereiche Digitales und Verkehr eine Erhöhung ihrer Mittel um 8,8%. Wo hier genau investiert wird – ob eher ins Digitale oder in den Verkehr – bleibt jedoch offen.
Andere Ministerien profitieren ebenfalls von einer Budgeterhöhung. Arbeit und Soziales verzeichnen weiter steigende Ausgaben, ein Trend, der sich schon seit Jahren abzeichnet. Selbst der Deutsche Bundestag und das Bundespräsidialamt müssen etwas tiefer in die Tasche greifen. Auch wenn diese Erhöhungen auf einem sehr niedrigen Niveau stattfinden. Diskussionen über mögliche Maßnahmen zur Verkleinerung des Bundestags und zur Streichung von Haushaltspositionen sind bereits im Gange.
Ein Fokus auf Sicherheit
Was sich insgesamt abzeichnet, ist ein Fokus auf Sicherheitsthemen. Das zeigt sich an den erhöhten Budgets für Rechnungshof, Verfassungsgericht und andere Sicherheitsorgane. Doch während Sicherheitsthemen Priorität genießen, müssen andere Bereiche massive Kürzungen hinnehmen. Das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz etwa hat einen Rückgang von 24,5% zu verkraften.
Das Gesundheitsministerium muss sogar mit einem Minus von 33% klarkommen. Natürlich lässt sich argumentieren, dass wir die Corona-Krise weitestgehend überstanden haben und somit Kürzungen nachvollziehbar sind. Doch hierunter fallen auch Bereiche wie die Pflegeversicherung, die einen vollständigen Zuschussverlust hinnehmen muss.
Der größte Verlierer: Die allgemeine Finanzverwaltung
Die massivste Kürzung muss jedoch die allgemeine Finanzverwaltung hinnehmen. Ihr stehen nun 50% weniger Mittel zur Verfügung, was 22 Milliarden Euro weniger bedeutet. Dies könnte der Beginn einer erhofften Entbürokratisierung sein. Doch während hier gespart wird, steht das Bundesfamilienministerium mit einer Kürzung von nur 1,6% vermeintlich vergleichsweise gut da.
Was sagen die Zahlen über unsere Prioritäten?
Bei einem genaueren Blick auf den Haushaltsplan fällt auf, dass das Familienministerium weniger als 3% des Gesamthaushalts ausmacht, und das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sogar weniger als 2,5%. In Anbetracht der Tatsache, dass Familien die Zukunft unserer Gesellschaft darstellen und der Klimawandel die größte aktuelle Krise ist, wirft dies die Frage auf, ob die Prioritäten hier richtig gesetzt sind.
Eine abschließende Antwort auf diese Frage bleibt offen. Persönlich würden wir uns wünschen, dass mehr Mittel in Familien und die Zukunft fließen. Gleichzeitig müssen wir anerkennen, dass es Gründe gibt, warum das nicht so ist. Daher stellt sich die Frage: Wo könnten wir sparen, um diesen Themen mehr Priorität zu geben? Wenn die gesetzten Maßnahmen nicht ausreichen, sollten wir kreativ werden und nach anderen Möglichkeiten suchen.
Verantwortung statt Schuldzuweisung
Wir haben den Eindruck, dass in der aktuellen politischen Landschaft Schuldzuweisungen an der Tagesordnung sind. Während wir uns eine Welt vorstellen, in der sich Regierungsbeamte für ihre Entscheidungen verantwortlich zeigen, erleben wir eine Realität, in der sie stattdessen auf der Suche nach einem Sündenbock sind.
Aktuell werden Briefe öffentlich gemacht, die zwischen Ministerien hin und her geschickt wurden. In diesen Korrespondenzen zeigen sich Schuldzuweisungen auf beiden Seiten. Es scheint, als würden zwei Personen, Christian Lindner und Lisa Paus, ins Visier der Öffentlichkeit geraten. Beide werden stark kritisiert, obwohl sie nicht alleine für die Entscheidungen verantwortlich sind. Als Bundesminister tragen sie natürlich eine Verantwortung, aber wir sollten nicht vergessen, dass es auch andere Menschen in diesen Prozessen gibt.
Damit wird mehr darüber diskutiert, wer was verbockt hat als wie wir eine familienfreundliche Politik umsetzen können. Und damit ist nicht nur die Einkommensgrenze beim Elterngeld gemeint. Die Debatte reicht vom Ehegattensplitting, über Betreuungseinrichtungen bis hin zur Kindergrundsicherung.
Mangelnde Kommunikation und fehlende Verantwortungsübernahme
Es wäre schön, wenn unterschiedliche Parteien, bevor sie eine Entscheidung verkünden, einen Konsens finden würden. Dies würde vermeiden, dass unpopuläre Maßnahmen in unschönen Momenten präsentiert werden und anschließend öffentliche Streitigkeiten und verletzte Eitelkeiten folgen.
Was wir aktuell sehen, ist jedoch eine mangelnde Kommunikation und fehlende Verantwortungsübernahme. Beide Minister*innen geben anderen die Schuld, ohne ihre eigene Rolle anzuerkennen. Es gibt einen Eindruck von kindischem Gezanke statt reifer politischer Diskussion.
Es wäre hilfreich, wenn politische Diskussionen sich auch auf die Suche nach Alternativen fokussieren würden. Sei es die Überlegung, das Ehegattensplitting abzuschaffen oder das Dienstwagenprivileg zu überdenken. Es gibt Möglichkeiten, wie wir die Einnahmen erhöhen können, um Kürzungen zu vermeiden oder zu minimieren.
Was wir letztlich fordern, ist eine offene Kommunikation und Verantwortungsübernahme von unseren politischen Führern. Sie haben eine Vorbildfunktion und sollten bereit sein, ihre Entscheidungen zu verteidigen und Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen.
Schließlich sind sie in Positionen, in denen sie das Leben vieler Menschen beeinflussen. Deshalb ist es wichtig, dass sie ihre Verantwortung ernst nehmen und sich den Diskussionen stellen, die ihre Entscheidungen hervorrufen. Nur so können wir eine gerechtere und verantwortungsbewusste politische Landschaft schaffen.
Fokus auf Familien: Was sagen die Zahlen?
Die Debatte um das Elterngeld und die geplante Reduzierung für einkommensstarke Familien führte zu intensiven Diskussionen, sowohl in den sozialen als auch in den klassischen Medien. Ein bemerkenswerter Aspekt dieser Debatte war die rapide Unterstützung, die eine Petition gegen diese Kürzung erhielt. Innerhalb von nur 48 Stunden sammelte diese Petition rund 500.000 Unterschriften und wurde damit zur am schnellsten wachsenden Petition auf der Plattform.
Diese schnelle und umfassende Solidarität zeigt, dass das Thema weit mehr Menschen betrifft und bewegt als nur die direkt Betroffenen. Die Petition erhielt beispielsweise mehr Unterstützung als es Familien gibt, die unter der geplanten Regelung direkt betroffen wären.
Die Auseinandersetzung um das Elterngeld ist jedoch nicht nur aufgrund der Betroffenheit einkommensstarker Familien bedeutsam. Sie setzt ein Signal, das von der Politik in Bezug auf Familien ausgesendet wird. Die geplante Kürzung des Elterngeldes suggeriert, dass Familien kürzen müssen, während andere Ausgaben, beispielsweise im Bereich der Rüstung, nicht infrage gestellt werden. Die Frage nach den Prioritäten in der Familienpolitik wird dadurch in den Fokus gerückt.
Reiche Familien? Nicht so einfach
Die öffentliche Debatte konzentriert sich oft auf das Bild der „reichen Familie“, doch die Realität ist komplexer. Die finanziellen Konsequenzen der Elterngeld-Kürzung können erheblich sein, auch für Familien mit hohen Einkommen. Unter der Annahme, dass die betroffenen Eltern im traditionellen Ernährer-Hausfrau-Modell leben, das in Deutschland weit verbreitet ist, zeigt sich folgendes Bild:
Vor der Geburt hatte eine solche Familie netto rund 96.000 € zur Verfügung. Durch die Geburt und das daraus resultierende verringerte Einkommen hätte diese Familie nach den bisherigen Regelungen im ersten Jahr einen Verlust von 26.400 € zu verzeichnen. Mit der neuen Regelung steigt dieser Verlust auf 40.000 €.
Diese Zahlen mögen auf den ersten Blick hoch erscheinen, doch sie setzen voraus, dass die Familie in der Lage ist, diese Beträge beiseite zu legen. Bei einer durchschnittlichen Sparquote in Deutschland von 15% müsste die Familie drei Jahre lang dieses Einkommen haben, um den Verlust durch die Elterngeldkürzung auszugleichen.
Die Folgen der Elterngeld-Kürzung
Betrachten wir nun die konkreten Auswirkungen der Elterngeld-Kürzung. In vielen Fällen sind die betroffenen Familien nicht in der Lage, schnell auf die neue Situation zu reagieren. Sie haben ihre finanziellen Verpflichtungen und Planungen unter anderen Vorkehrungen getroffen und können diese nicht ohne weiteres an die geänderten Bedingungen anpassen.
Das trifft besonders auf Familien zu, die gerade erst ein höheres Einkommen erreicht haben und noch nicht die Möglichkeit hatten, größere Beträge zur Seite zu legen. Sie haben bereits mit dem bisherigen Elterngeld gerechnet und sehen sich nun mit einem unerwarteten zusätzlichen Verlust konfrontiert.
Darüber hinaus müssen wir den Gender Pay Gap in Betracht ziehen, der in Deutschland bei etwa 18% liegt. Das bedeutet, dass Männer in der Regel mehr verdienen als Frauen. In der Familienkasse tragen sie damit überproportional zum gemeinsamen Einkommen bei. Das führt zu einem bisherigen Verlust von 23.200 Euro. Zukünftig steht ein Minus von 36.000 Euro.
Auch im umgekehrten Fall – die Mutter verdient 18 % mehr – wird das Ernährer-Hausfrauen-Modell in der Regel gelebt. Das führt zu Verlusten von fast 30.000 Euro in der bisherigen Regelung und 44.000 Euro in der neuen Planung.
Für die Frauen: Von Einkommensverlusten, Selbstständigkeit und Würde
Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist ein komplexes Thema, das mehrere Facetten beinhaltet – eine davon ist die finanzielle Unabhängigkeit. In Bezug auf das Thema Mutterschaft und Erwerbstätigkeit, stoßen wir auf einige Herausforderungen. Wenn eine Frau von einem Gehalt von 48.000€ auf 8.000€ fällt, bedeutet dies einen erheblichen finanziellen Verlust.
Der Gender Pay Gap und die Auswirkungen auf Frauen
Das Problem geht jedoch tiefer: Der Gender Pay Gap führt bei Frauen zu einem Verlust von 36.000€ und bei einer umgekehrten Situation, bei der die Frau das höhere Einkommen hat, zu einem Verlust von 44.000€. Einige könnten argumentieren, dass dies durch das Familieneinkommen ausgeglichen wird und dass der Mann die finanzielle Verantwortung übernehmen muss. Aber die Realität zeigt, dass dies oft nicht der Fall ist.
Frauen, die nur Elterngeld erhalten, tragen in der Regel weiterhin zu den gemeinsamen Kosten bei, auch wenn ihr Anteil sinkt. Das Streben nach finanzieller Unabhängigkeit und der Wunsch, einen Beitrag zu leisten, bleibt bestehen. Doch was passiert, wenn das Einkommen einer Frau nach der Geburt eines Kindes komplett wegfällt?
Frauen müssen oder wollen dann in dieser Situation ihren Anteil weiter zahlen. Sie nehmen das Geld nun aus ihrer Rücklage, was dazu führt, dass ihre finanziellen Mittel sinken. Geringere Einzahlungen in die private Altersvorsorge. Weniger Spielraum den Lieblingsmenschen zu verlassen. Die Notwendigkeit um Geld bitten zu müssen. All das führt zu einem (finanziellen) Machtgefälle innerhalb der Beziehung.
Die Realität der finanziellen Ungleichheit
Der Idealfall wäre natürlich, dass in einer liebevollen Beziehung gegenseitig für einander gesorgt wird. Die Realität sieht jedoch anders aus. Die Statistiken schreien es heraus: Frauen erleiden nach 10 Jahren einen Einkommensverlust von 61%, während Männer einen Einkommensgewinn von 5 bis 20% verzeichnen. Männer werden also für das Vatersein belohnt, Frauen hingegen finanziell benachteiligt.
Auch die Rentenunterschiede sind alarmierend: Männer haben eine um 40% höhere Rente als Frauen. Eine von vier Frauen über 80 ist von Altersarmut betroffen. Die Scheidungsquoten zeigen ebenfalls, dass Frauen in der Regel finanziell den Kürzeren ziehen. Es ist daher wenig hilfreich zu argumentieren, dass diese finanziellen Ungleichheiten ignoriert werden können, wenn es um Familien mit einem zu versteuernden Einkommen von über 150.000€ geht. Dies hilft den betroffenen Frauen nicht weiter und lässt sie mit ihren Ängsten und Sorgen allein.
Die Gehaltsunterschiede und die Auswirkungen auf die Elternzeit
Die Situation wird noch komplizierter, wenn wir uns die Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern genauer anschauen. Oft ist es so, dass der Lieblingsmensch mit dem geringeren Einkommen zu Hause bleibt, was leider immer noch oft die Frauen sind. Dies verstärkt die finanzielle Abhängigkeit und erschwert den Wiedereinstieg in den Beruf.
Die Statistiken zur Elternzeit verdeutlichen dies: 97% der Frauen nehmen Elternzeit, verglichen mit nur 43% der Männer. Bei den Männern, die Elternzeit nehmen, sind 71% weniger als zwei Monate zu Hause. Bei den Frauen sind es hingegen 59 % die zwischen 12 und 14 Monaten und 35%, die zwischen 13 und 23 Monaten zu Hause bleiben.
Die Gehaltsverteilung und die Entscheidung für Kinder
Interessanterweise zeigt sich, dass das Einkommen einen Einfluss darauf hat, ob sich Paare für Kinder entscheiden oder nicht. Nur 3% der Kinder gehören zu Familien, in denen die Frau weniger als 900€ verdient. Im Gegensatz dazu haben 39% der Kinder Eltern, bei denen das Einkommen der Frau über 3.600€ liegt. Dabei machen Frauen mit einem Einkommen unter 900€ rud 7% der Bevölkerung aus, wohingegen Frauen über 3600€ nur 11% ausmachen.
Diese Diskrepanz zeigt, wie wichtig eine finanzielle Absicherung für Frauen ist. Es wäre daher sinnvoll, gerade im unteren Einkommenssegment das Gehalt während der Elternzeit zu 100% zu ersetzen, statt lächerliche 300€ als Mindestbetrag anzusetzen. So können wir dazu beitragen, dass die Entscheidung für oder gegen Kinder nicht aus finanziellen Gründen getroffen wird.
Daten und Fakten: Einkommensstrukturen
Da es keine Statistik gibt, die die Zusammensetzung des Familieneinkommens darlegt, verwenden wir unsere eigenen Daten. In den Familien mit einem Einkommen von über 150.000 Euro tragen die Frauen in 19% der Fälle mehr als 500 Euro im Vergleich zum Mann zum Familieneinkommen bei. In etwa einem Viertel der Fälle ist das Einkommen des Mannes und der Frau gleich, wohingegen der Mann in 54% der Fälle mehr als 500 Euro beisteuert. Bei den Familien, deren Einkommen unter 150.000 Euro liegt, ist die Verteilung etwas anders: Hier ist der Mann in 38% der Fälle der Hauptverdiener, während in 44% der Fälle das Einkommen der beiden Lieblingsmenschen gleich ist.
Bei genauerem Hinsehen wird ein interessantes Muster sichtbar: Unabhängig vom Gesamteinkommen der Familie tragen Frauen in etwa 17% bis 19% der Fälle mehr als 500 Euro zum Familieneinkommen bei als ihr Mann. Es ist also ein ähnlicher Prozentsatz von Frauen, der mehr verdient, unabhängig davon, wie viel die Familie insgesamt verdient.
Einkommen und Arbeitszeit
Als nächstes haben wir uns die Arbeitsstundenverteilung innerhalb dieser Familien angesehen. Bei Familien mit einem Einkommen von über 150.000 Euro arbeiten 3% der Frauen weniger als 24 Stunden pro Woche und 10% der Frauen zwischen 24 und 32 Stunden. Das bedeutet, dass nur 83% der Frauen in dieser Gruppe mehr als 32 Stunden pro Woche arbeiten. Die restlichen vier Prozent sind nicht erwerbstätig. Bei den Männern sieht das Bild anders aus: Kein einziger Mann in unserer Datenbank arbeitet weniger als 24 Stunden. Nur 0,8% der Männer arbeiten zwischen 24 und 32 Stunden, während ein überwältigender Anteil von 98,4% mehr als 32 Stunden pro Woche arbeitet.
Einblicke und Überlegungen
Die Auswertung dieser Daten unterstreicht die vorhergehende These: Eine reiche Familie bedeutet nicht automatisch eine reiche Frau und einen reichen Mann. Oftmals ist der Mann der Hauptverdiener, während die Frau deutlich weniger verdient. Das Familieneinkommen ist daher ein Spiegelbild der innerfamiliären Einkommensverteilung und Rollenverteilung.
Die Vielfalt der Familienkonstrukte zeigt sich also auch in den Zahlen. Sie offenbaren eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensmodelle und Entscheidungen, die Familien treffen, um ihren Alltag zu organisieren und ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sie zeigen, dass wir weit davon entfernt sind, eine uniforme Gesellschaft zu haben, und dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach wie vor eine Herausforderung darstellt – insbesondere für Frauen.
Das sind Fakten, die wir nicht ignorieren sollten. Vielmehr sollten wir sie als Ausgangspunkt für weitere Diskussionen und Analysen nehmen, um unsere Gesellschaft nachhaltig zu verändern und fairer zu gestalten.
Fazit und Ausblick
Wir hoffen, dass wir etwas Licht in diese hitzige und komplexe Debatte bringen konnten. Unser Wunsch ist mehr Transparenz vonseiten der Politik, insbesondere was die Berechnung von Zahlen wie den Kosten des Elterngeldes und der Kindergrundsicherung betrifft.
Wir freuen uns darauf, den Dialog mit euch, unseren Lesern und Leserinnen, weiterzuführen. Schickt uns ihre Gedanken, Wünsche und Erfahrungen an info@beziehungsinvestoren.de oder über Instagram.
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